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Tiere können reden und Pflanzen sind schlau.

Als ich, wie immer am Morgen, mit meinen Hunden sprach und sie mir zuhörten, als würden sie jedes Wort verstehen, musste ich plötzlich an meine 100 bewollten Frauen denken. Warum? Weil ich mit diesen Damen eine ebenso angeregte Konversation pflege, wie mit meinen Hunden. Selbstverständlich kommunizieren sie nicht mit mir in einem hannoverschen Hochdeutsch, aber auf irgendeine wundersame Weise verstehen wir uns. Nur bei meinen Laufenten, da hapert es gelegentlich mit dem Gedankenaustausch. Manchmal habe ich den Eindruck, dass sie mich zwar verstehen, aber schlicht weg ignorieren. Tinker Ponny Angel ist zum Beispiel etwas dickköpfig und frech, aber bei ihm habe ich schon von weitem das Gefühl, dass er am liebsten laut HALLO rufen würde. Vielleicht macht er das auch, nur eben in seiner Sprache. Eigentlich können alle Tiere reden, doch wir nehmen uns nicht die Zeit, ihnen wirklich zuzuhören. Zuhören heißt: Mit ihnen Zeit verbringen und aufmerksam beobachten.

Tiere Können reden und Pflanzen sind schlau H.P.Schaarschmidt www.schaf-land.de
Tiere Können reden und Pflanzen sind schlau H.P.Schaarschmidt www.schaf-land.de /Scottish Blackface http://www.schaf-land.de

Eine gut funktionierende Schaf-Herde hat ihre ganz eigenen Gesetze. Sie regeln viel untereiner, wenn man sie regeln lässt. Natürlich  gibt es auch mal Streit. Oft geht es nur um Kleinigkeiten, doch sie sprühen vor Energie, so dass die Hitzköpfe nicht selten aneinander geraten.

Da stehen sie also,  wütend und bockig gegenüber. Dan dauert es nicht mehr lange, bis ihre Dick-Köpfe aufeinander prallen. Kurz ein paar Schritte zurück und schon knallen sie zusammen- … und wieder und wieder.
Was kaum jemand weiß, in einer solchen Herde gibt es streng verteilte Hierarchien und Jobs. Geraten zwei wütende junge Damen aneinander und lassen ihrer Kampfeslust freien Lauf, schalten sich irgendwann ältere Mädels ein und stellen sich, mit leichter Drohgebärde, zu den aufgebrachten Damen. Das Signal bedeutet: Hey, aufhören, sonst gibt’s richtigen Ärger. Wie aber Kids so sind, natürlich hören sie meist nicht auf. Diese Damen-Ringkämpfe kann ich immer wieder beobachten und ebenso die Folgen nach der ersten Warnung. Irgendwann wir es einer der älteren Ordnungshüterinnen zu bunt. Sie eilt erneut zu den aufgebrachten Girls und stellt sich recht rüde zwischen die zwei aufmüpfigen Kontrahenten. Das war die zweite Warnung. Wenn sie diese aber erneut ignorieren, wird es übel. Ein oder gar zwei ältere Schafe greifen zum dritten Mal in die Kämpfe ein, unterscheiden aber diesmal wer angefangen hat und vermöbeln ihn nach Strich und Faden.
Problem gelöst – Streit beendet.  Situationen erkennen, Entscheidung treffen und entsprechend der neuen Situation verändert handeln. Das ist Intelligenz.

Dies ist keine ausgedachte Gute-Nacht-Geschichte, sondern der Einblick in meine Herde
Scottish Blackface Schafe. Sie reden also miteinander. Nur können wir ihre Sprache nicht verstehen, was mir übrigens in der Zwei-Beiner-Welt auch des Öfteren passiert. Je mehr man sich mit den 100 eigensinnigen Mädels beschäftigt, desto näher kommt man ihnen und umso besser verstehen wir auch ihre Welt.

Bei allen Schwierigkeiten, die wir hatten,  zauberten sie mir doch oft ein Lächeln ins Gesicht und dafür danke ich ihnen, den schottischen Damen.

Tiere Können reden und Pflanzen sind schlau H.P.Schaarschmidt www.schaf-land.de
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Während ich meine Schafe neulich beobachtete, saß ich unter einem sehr alten Baum. Der Volksmund sagt: Rede mit den Pflanzen, dann wachsen sie besser. So ein Unsinn. Ist es wirklich Unsinn? Google, Wikipedia und auch mein viel zu vollgestopftes Bücherregal gaben mir zahlreiche Antworten. Dabei schwankte ich von Kopfschütteln, über Neugier bis hin zum Staunen. Eigentlich war ich immer der Meinung: Schon die Tier-Welt hält Erstaunliches für uns bereit. Doch jetzt las ich noch verrücktere Dinge.

Verrückt passt nicht so ganz. Unfassbar trifft es besser. 99,7 Prozent der irdischen Biomasse entfallen auf Grünzeug und nur 0,3 Prozent auf alle Menschen und Tiere. Ohne dieses unnütze Grünzeug auf Erden, wären wir alle nach 1 Woche tot. Eigentlich doch Grund genug, dem angeblichen unnützen Grünzeug viel mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Stefano Mancuso, Professor an der Universität Florenz, leitet das Laboratorio Internazionale di Neurobiologia Vegetale und ist Gründungsmitglied der International Society for Plant Signaling and Behavior. (Hört sich ziemlich wichtig und schlau an, was auch immer das genau heißt.) Dieser schlaue Grünzeug- Professor schrieb zu seinen aktuellen Forschungen Folgendes: Im Moment befinden wir uns in einer ähnlichen Situation, wie die Ägyptologen um 1822, als sie langsam anfingen die Hieroglyphen zu entziffern. Wir wissen, dass wir von der Pflanzen-Welt noch Garnichts wissen, aber sie reagieren auf: Licht, Wärme, Töne, Erdmagnetismus, respektieren Artgenossen,  kommunizieren untereinander, vermutlich über die Düfte Rosarien und Zitrone als eine Art Sprache und sie unterscheiden zwischen Freund und Feind. (Zitat Professor Mancuso)

Ich war verwirrt.

So tiefgründig habe ich über das Schaf-Futter noch nie nachgedacht. Ich bin zwar sehr naturverbunden und es gibt in dieser wundersamen Welt noch viele Dinge, die uns immer wieder vorkommen als wären wir wie Alice in den Kaninchen-Bau gefallen. Wir leben nun Mal in einem spannenden Abenteuer und in diesem Abenteuer passieren Dinge, die manchmal unerklärlich sind. Finden wir eines Tages den richtigen Schlüssel zum passenden Schloss, können wir auch durch diese Tür gehen.

Pflanzen nehmen keinen Schmerz wahr, weil sie dafür nicht die geeigneten Voraussetzungen besitzen, aber dafür verfügen sie über viel mehr Sinne, um ihre Umwelt wahr zu nehmen, als wir Menschen. Sie nehmen Umweltsituationen wahr und reagieren darauf, um zu überleben. In einigen Fällen tauschen sie sogar Warnungen bei Schädlingsbefall aus, aber dies ist bereits ein ganz eigenes Thema.

Fast automatisch komme ich dabei auch zu dem Thema: Intelligenz. Sind meine Schafe intelligent, meine Hunde, der Alte Baum und ist der Mensch wirklich so schlau, wie wir alle immer behaupten? Auweia, so schwere Fragen am Vormittag. Zahlreiche Zwei-Beiner, darunter auch der Grünzeug Professor, verstehen unter Intelligenz:  

Die Fähigkeit zur Problemlösung.

Ok, also das Lösen von Problemen ist ein Anzeichen von Intelligenz.

 Ich denke kurz nach….
… – meine schottischen Damen in jedem Fall, meine Border Collies sowieso,
die Laufenten bestimmt (nur verheimlichen sie es), Trinker Angel ganz sicher,
die 99,7% auf Erden vielleicht,
nur bei den Menschen, da habe ich manchmal große Zweifel.

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Tiere Können reden und Pflanzen sind schlau H.P.Schaarschmidt Indische Laufenten http://www.schaf-land.de

Schlimmer geht’s immer

Es ist 22 Uhr,  im Fernsehen läuft so ganz nebenbei Dr. House und vor mir steht mein aufgeklappter Laptop. Während ich über das vergangene Wochenende nachdenke, das mal wieder mit einem Feuerwerk der Ereignisse gespickt war, fallen mir 1000 Dinge ein. Eigentlich grenzt es fast schon an ein Wunder, dass sich alles doch noch wie ein verrücktes Puzzle zusammengefügt hat. Drei Tage Border Collie Show mit Bianca, auf einer Burg in Thüringen. Hört sich doch eigentlich ganz entspannt an, dachte ich.

Mittwoch
Dieses Abenteuerwochenende fing schon jetzt an. Der Meister aller Überraschungskünste PAN, stand an diesem Tag sicher schon hinter einem Baum und beobachtete mich mit einem fiesen Grinsen im Gesicht. Zunächst stand Anhängerladen auf dem Programm, neues Stroh für die Schafe, Weidegerät, Pferch und die Tontechnik. Dann setzte sich eine Kette von Ereignissen in Gang, an die ich mich noch lange erinnern werde. Auch wenn der Beginn der wundersamen Erlebnisse als keine so große Sache daher kam, so war er dennoch der Auftakt zu Dingen, die keiner haben will- außer man liebt böse Überraschungen.

Nachdem die ersten Erlebnis-Reiseartikel verstaut waren, setzte ich kurz den Anhänger um, denn das frische Stroh war am anderen Ende meines Stalls. Dumm nur, dass sich die 50 Meter Geflügelnetz am Anhänger verfingen und ich es beim Überfahren völlig verknotete. Falls jemand schon mal versucht hat, ein hartnäckig verknotetes Netz zu entwirren, der kann erahnen, was ich da nun auf die Schnelle wieder sortieren wollte. Unmöglich. Nach dem Schreck drehte ich am Zündschlüssel, um das Netz wieder frei zu bekommen, aber… nichts. Mein Auto gibt keinen einzigen Ton von sich, es hat sich in den Ruhestand verabschiedet- zumindest in den vorzeitigen Feierabend. Hey mein Freund, wir haben schon so viel zusammen erlebt. Ich habe dich versorgt und du hast mir steht’s treu zur Seite gestanden, aber heute magst du einfach nicht mehr. Wie kann ich dir helfen?

Als erstes habe ich den Auto-Ganz-Macher angerufen, einen Freund aus der Autowerkstatt. In der Zwischenzeit stand das verknotete 50 Meter Netz auf meinem Programm. Wenn ich mich dazu entschließe, ein so übel zugerichtetes Netz nicht weg-zu-werfen, sondern zu entwirren, arbeite ich nicht mit dem Messer, sondern möchte es im Stück erhalten. Ich sage nur, nichts für schwache Nerven und der berühmte Geduldsfaden muss eigentliche ein armdickes Stahlseil sein.

Nach einer aufregenden Stunde und tausend Kämpfen mit dem Netz, aber vor allem mit mir, bog der Wagen des Auto-Profis um die Ecke. Kurze Begrüßung und Lagebesprechung, dann die schnelle Diagnose: Deine Batterie ist leer, aber die eigentliche Frage ist warum? Ich vermute es liegt an der Lichtmaschine. Nach kurzem Durchmessen stand es fest, meine Lichtmaschine hatte Fehlfunktionen und Aussetzer. Ein Profi hat natürlich immer eine Ersatzbatterie zur Hand, die er sofort einbaute, mir aber auch den eindringlichen Rat gab: Jetzt kannst du erst mal weiter arbeiten, die Lichtmaschine kann jederzeit komplett ausfallen, am besten du kommst morgen früh in meine Werkstatt. Schnelle Hilfe, guter Ratschlag, nur schlecht, dass mein Arbeitsplan am nächsten Tag bereits bedenklich voll war und im wahrsten Sinne des Wortes aus allen Temin-Nähten platzte.

Steffen Krop verabschiedete sich, natürlich nicht ohne den nochmaligen dringlichen Hinweis: Bis morgen. Ich sehe mal, wie ich es schaffe, war meine Antwort und machte mich mit flinken Fingern sogleich wieder daran, das verunglückte Netz zu ordnen, um anschließend nochmals alle Schafe abfahren zu können. Eigentlich wollte ich doch nur in Ruhe den Anhänger vorbereiten und dann ist ein Wettlauf gegen die Zeit daraus geworden. Die Sonne bereitete sich um diese Uhrzeit bereits auf den Feierabend vor. Es war spät geworden, als ich zu Hause eintraf. Eine Aufgabe war noch nicht erledigt, die Vorbereitung auf die Pressekonferenz am nächsten Morgen in Oldenburg. Dies war der Mittwoch und ich war froh, doch noch alles unter den berühmten Hut bekommen zu haben, obwohl sich ein seltsames Gefühl einschlich, dass ich nicht genau definieren konnte, aber es war da. Weg mit den trüben Gedanken, was sollte schon passieren. Zu einer Pressekonferenz eingeladen zu werden, bei der auch mir viele Pressevertreter zuhören, ist doch was Positives und macht Spaß. Das seltsame Gefühl hatte sich aber fest eingenistet und begleitete mich ganz heimlich bis in den Schlaf.

Donnerstag
Neuer Tag, neues Glück. Schon beim ersten Augenaufschlag lachte die Sonne durch das Fenster und ich sprang voller Tatendrang aus den Federn. An diesem Tag hatte ich viel vor. Nachdem Hunde und Enten versorgt waren, galt es, mich ansehnlich herzurichten, was an sich schon eine Herausforderung darstellte. Sämtliche Pressevertreter des westlichen Niedersachsens sollten anwesend sein. Da möchte man doch nicht wie ein schräger Waldkautz daherkommen. Trotz größter Bemühungen- war mein Erscheinungsbild nur mäßig gelungen. Bei einem schnellen Kaffee ging ich, natürlich voll konzentriert, den Tagesplan in Gedanken durch:

  • 09 Uhr Abfahrt Oldenburg
  • 11 Uhr Pressekonferenz
  • 13 Uhr Rückfahrt nach Nienburg
  • 14 Uhr Tiere laden Hunde /Schafe /Enten
  • 15 Uhr Abfahrt nach Thüringen
  • 15 Uhr- 19 Uhr /Autobahn
  • 19 Uhr Tiere unterbringen
  • 20 Uhr Aufbau
  • 21 Uhr Hotel

Leben ist das, was passiert, während man etwas anderes plant.

Bis zur Pressekonferenz verlief alles nach Plan. Sie war sogar besser, als ich erhofft hatte. Freundliche Begrüßung, netter Gastgeber, tolles Büffet, viele Pressevertreter und ich konnte ausführlich von meiner Arbeit und unserer Border- Collie- Show berichten. Die Stimmung war gut, Fragen kamen zur bevorstehenden Veranstaltung reichlich und die eingeplante Zeit war an diesem Tag für niemanden interessant, außer für mich. Nicht dass dies einer falsch versteht. Es machte mir großen Spaß und es war eine Ehre, eingeladen worden zu sein, aber ich musste noch zu einem Schloss in Thüringen. Nach der Pressekonferenz kam das Fotoshooting. Alle bitte nach draußen und Aufstellung nehmen. Dann folgten die Anweisungen der Profis: sie bitte weiter nach vorn, sie bitte weiter in die Mitte, alle etwas mehr zusammen, sie bitte…

Zwei Fronten standen sich freundschaftlich gegenüber, auf der einen Seite die komplette Truppe des Veranstalters mit mir und den Hunden, auf der anderen Seite- das Heer der Fotografen. Heer ist vielleicht doch etwas übertrieben, aber verdeutlicht eine gefühlte Übermacht.

Unterwegs mit Schaf-Land und H.P.Schaarschmidt

Unterwegs mit Schaf-Land und H.P.Schaarschmidt  http://www.schaf-land.de

Alle Bilder waren geschossen und die letzte Hand geschüttelt, dass hieß für mich, Tiere laden und ab nach Hause. Mein Zeitplan war etwas durcheinander, aber passte noch. Die Enten in ein extra abgetrenntes Abteil im Anhänger packen, die Schafe bringen die Hunde in ihr Mobilhome und zum Schluss kommen die Hunde mit ins Auto. Klappt fast immer perfekt, denn wir sind ja ein eingespieltes Team. Unsere Aufstellung sah wie folgt aus:  May schickte ich hinter die Schafe, Abby stand auf der einen Seite des Anhängers und ich auf der anderen. Hilfsmittel wie Gatter oder andere Absperrungen brauchten wir nicht. Netze auf und los. Die Hunde May und Abby haben alles richtig gemacht, nur ich habe mich zu früh von meinem Posten wegbewegt, so dass die schlauen Damen schnell eine Lücke zwischen Anhänger und mir erkannten, um auf das dahinterliegende prächtige Grün zu gelangen. Erkannt und getan, sie galoppierten vorbei. Das ist jetzt nicht euer Ernst, war mein Gedanke. Also alles wieder auf Anfang und diesmal verhielt ich mich nicht wieder voreilig, sondern habe meinen Posten standhaft verteidigt. Alle Tiere waren verladen, der Tank bis zum Rand gefüllt, also konnte es endlich losgehen. Auf nach Thüringen.

Nun hatte ich vier Stunden Autobahnfahrt vor mir. Vielleicht etwas langweilig, aber in solchen Situationen denke ich über all meine Aktivitäten gern auch mal tiefgründiger nach und manchmal ist das gemächliche Dahinrollen sogar entspannend. Die elektronische Fahrtenhelferin zeigte nur zwei unproblematische Baustellen an, keinen Stau, so dass mein Tagesplan, trotz Verspätung, doch noch klappen könnte.

Nach vierzig Minuten Landstraße fuhr ich in Hannover auf die Autobahn. Der Verkehr wurde zwar dichter, aber kein Problem  …dachte ich. Der Verkehr wurde immer langsamer, bis wir ganz zum Stehen kamen. Da berichteten sie im Radio auch schon: Stau auf der A2 nach einem Unfall in  der Baustelle bei Herrenhausen. Da fahre ich gerade mal eine halbe Stunde und stehe auch schon im Stau. Das passt ja heute besonders gut und meine Ruhe vom gemächlichen Dahinrollen war schlagartig verflogen. Unglaublich, da bin ich gerade mal dreißig Minuten unterwegs, fahre auf die Autobahn und stehe sofort im Stau. Vollgepackt bis unters Dach mit Netzen, Zubehör, Tontechnik, Hunden, Schafen und Enten, auf dem Weg nach Thüringen, aber wir stehen gleich am Anfang im Stau. Bereits gestern dachte ich, was kann noch Schlimmeres kommen, doch:
Schlimmer geht`s immer.

Falls nun jemand meint, was für ein Pech, der hat Recht. Dies war aber nur ein laues Lüftchen, zu dem was da noch kommen sollte. Ein Tornado war im Anflug. Nach fünfundvierzig Minuten löste sich der Stau langsam auf, zumindest ging es Stück für Stück weiter, bis unser Tross allmählich wieder Fahrt aufnehmen konnte. Na prima, wieder eine Stunde verloren. Jetzt werde ich nicht mehr im Hellen mit den Arbeiten fertig, sondern muss mit dem Mond als Beleuchtung Vorlieb nehmen. Nur im schwachen Scheinwerferlicht die Damen bewegen, ohne dass man die Hunde sehen kann, das grenzt schon fast an ein Kunststück. Nein, das ist ein Kunststück. War ich glücklich, dass die Reise weitergehen konnte und begann mit Überlegungen, wie ich das ganze Geschehen im dunklen organisieren wollte. Die Tiere waren ruhig, ich gelassen und der Wagen schnurrte über die Autobahn. Genau so sollte es sein.

Dieses Glücksgefühl dauerte ganze zwanzig Minuten. Dann leuchtete im Armaturenbrett etwas auf, das- was keiner von uns gern auf langer Fahrt sehen möchte, die Motor-Stör-Leuchte. Gleich danach blinkte die Batterie-Warn-Leuchte auf und der Motor verlor im selben Moment an Leistung, gefolgt von Aussetzern in der Zündung. Panik kroch in mir hoch.

Die Zündung hatte ein Einsehen und fing sich wieder, aber der Leistungsverlust machte mir mehr als nur Kopfzerbrechen, denn wir waren vollgepackt bis in die letzte Ecke. Eine dunkle Vision folgte, sollte sich die Lichtmaschine verabschiedet haben, so dass auch die Batterie leer ist und nun alle Steuerelemente ausfallen? Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, aber dann war es auch schon so weit, der Motor kollabierte und gab kein Lebenszeichen mehr von sich.

Ich befand mich gerade kurz vor einer Tankstelle und rollte noch mit letztem Schwung auf deren Freifläche.  Endstation.

Ich stieg aus.

Denk nach, was machst du als erstes.

Natürlich nach den Tieren sehen und dann?  …und dann fiel mir der Rat meines Mechanikers ein, komme in die Werkstatt, deine Lichtmaschine kann jederzeit komplett ausfallen. Herzlichen Glückwunsch, ist passiert. Da stand ich also wieder, vollgepackt und natürlich auch wieder mit Hunden, Schafen und Enten. Niemand baut mir heute Nacht eine neue Lichtmaschine ein und überhaupt, was mache ich mit meinen Tieren? Glück im Unglück, ich bin im ADAC. Nach meinem ersten Panikanfall, beruhigte ich mich, holte einen Klappstuhl aus dem Anhänger, ich bin ja immer voll ausgerüstet, mache es mir bequem und suchte die Nummer der Gelben Engel.

Obwohl es mit riesen Schritten dem Abend zuging, war es noch immer heiß. Ich stand mit meinem Gefährt am Rande der Tankstelle, hatte durch Zufall einen Schattenplatz erwischt und richtete mich schon auf eine lange Nacht ein. Nur noch mal zur Erinnerung, ich bin keine hundert Kilometer weit gekommen, aber bereits einige Stunden unterwegs, bin mit Mann und Maus gestrandet und stehe am Rand einer Autobahntankstelle. Der Veranstalter, zu dem ich unterwegs war, hatte für seine drei Tagesveranstaltung kräftig Werbung gemacht, natürlich auch für uns und die Hotelzimmer wurden lange im Voraus gebucht. In den letzten Jahren ist dies bereits die dritte Autobahn Katastrophe. Vor drei Jahren nachts auf der Autobahn Richtung Sauerland, dieses Jahr in Österreich und jetzt wieder auf dem Weg nach Thüringen. In allen drei Fällen, genau wie heute, vollgepackt bis unter das Dach und immer mit Hunden, Schafen und natürlich auch Enten. Ich sollte also langsam Erfahrung und eine gewisse Routine darin haben. Über das Autobahn Chaos im Sauerland, habe ich ja schon in meinem Buch Tiergefährten geschrieben, das Drama Österreich steht in meinem Buch Beste Freunde (was demnächst erscheint und unglaubliche Kurzgeschichten enthält). Dieses Desaster belasse ich in meinem Blog, sonst könnte ich irgendwann einmal  nur etwas über Dramen auf der Autobahn schreiben. Titel: Autobahn –willkommen im Chaos.

Unterwegs mit Schaf-Land und H.P.Schaarschmidt  Schaf-Land.de

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Guten Tag, meine Name ist Peter Schaarschmidt, ich möchte eine Autopanne melden. Einen Moment bitte. Guten Tag, wo stehen Sie? Ich stehe auf der A7 bei Hildesheim in Richtung Göttingen, der Tankstelle Hildesheimer Börde.  Herr Schaarschmidt, ich habe ihre Nummer und ihren Standort notiert, wir rufen sie gleich zurück. Bei den ersten beiden Autobahn-Abenteuern hatte ich immer mit der Aussage des ADAC`s  zu kämpfen: Wir kümmern uns darum, aber Tiere transportieren wir nicht. Dies ist doch genau der Satz, den man nachts auf der Autobahn, mit einem Gefährt voller Tiere, hören möchte. Nun wartete ich also. Auf was?  Auf eine kleine Portion Glücksgefühle und den Anruf des ADAC. Nach meinen einschlägigen Autobahn-Erfahrungen, machte ich mich daran den Stellplatz in mein Heim zu verwandeln, denn es waren Geduld, gute Nerven und vermutlich eine lange Nacht angesagt. Natürlich schoss mir auch hier wieder eine Frage durch den Kopf: Passieren eigentlich immer nur mir solche Katastrophen? Nach langer Überlegung kam ich dann zu dem beruhigenden Schluss, ich reise mit meiner Karawane wirklich extrem viel umher …nur auf dem Sofa passieren keine Überraschungen. Vom schlechten Fernsehprogramm mal abgesehen, dass überraschend immer noch schlechter werden kann. Da meine Situation nun mal so war wie sie war, richtete ich mich ein.

Nun begann die erzwungene Reise-Pause und den Vorbeifahrenden stand die Verwunderung deutlich ins Gesicht geschrieben. Ich habe sogar darüber nachgedacht, Netze zu stecke um meine Damen weiden zu lasse. Nachdem ich es mir bequem gemacht hatte, startete meine Telefonitis. Freunde waren entsetzt, meine Freundin schockiert und der Veranstalter alles andere als begeistert. So plätscherte der Tankstellen-Aufenthalt dahin. Der Abend hatte Einzug gehalten, der Tankstellenbetreiber brachte mir Getränke, ich versorgte die Tiere und erste Gäste trafen ein.

Unterwegs mit Schaf-Land und H.P.Schaarschmidt

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Ihr habt richtig gelesen, Gäste! Mein Autobahn-Desaster hatte sich schnell herumgesprochen und da ich noch nicht weit gekommen war (bei Hildesheim auf der A7), trafen Freunde und Bekannte ein. Wäre der Anlass nicht so ernst gewesen, hätte man viel Spaß haben können. Aber nein, die Weltverschwörung hatte beschlossen, mir nicht nur den Tag, sondern gleich das ganze Wochenende zu vermiesen. Also kam es wie es kommen musste, mein Auto stand mal wieder auf einem Abschlepper und mein Pferdeanhänger hinten dran. Beim Aufladen hatte ich so ganz nebenbei erfahren, dass die beiden rettenden Gelben Engel erst 2 Tage beim ADAC arbeiteten, was wohl auch ihre ratlosen Augen erklärte, als sie versuchten die Auflade-Technik in Gang zu setzen.

Ich habe kurzzeitig darüber nachgedacht, für den Abschlepper einen Abschlepper zu holen, denn sie waren offensichtliche Anfänger, ohne die Last von lästigem Wissen. Schlimmer geht’s halt immer.

Unterwegs mit Schaf-Land und H.P.Schaarschmidt

Unterwegs mit Schaf-Land und H.P.Schaarschmidt

Während die fast Profis mit der Technik kämpften, stellte sich aber die Frage: Was nun? Tiere bis unters Dach und der Veranstalter wartete auch auf meine Anreise. Dann kam einem der zahlreichen Besucher die zündende Idee: Ich arbeite unweit von hier in einer KFZ Werkstatt, du könntest mit unserem Firmenwagen weiterfahren. Gesagt getan. Wir fuhren vorweg und die tapferen Gelben Engel hinterher. Dann ging alles sehr schnell. Auto abstellen, umladen und schon konnte es weitergehen. Da es bereits dunkel war, ich aber noch viele Kilometer zu fahren hatte, lief mir ein leichter Schauer über den Rücken, denn die Ankunftszeit bewegte sich Richtung  2 Uhr (natürlich nachts). Nachts im Schlosspark abladen, aufbauen und Tiere im Dunkeln umsetzen, das wird der krönende Abschluss einer abenteuerlichen Anreise.

So kam es dann auch. Nur dass ich nicht 2 Uhr im Schloss ankam, sondern wegen einer
Autobahn-Nacht-Baustelle erst 3 Uhr.

Schlimmer geht`s immer.

Weihnachtsgrüße an alle Border Collie Besitzer, Hunde Liebhaber und Natur-Freunde

Weihnachtsgrüße an alle Border Collie Besitzer, Hunde Liebhaber und Natur-Freunde.

Weihnachtsgrüße an alle Border Collie Besitzer, Hunde Liebhaber und alle Natur-Freunde

Weihnachtsgrüße an alle Border Collie Besitzer, Hunde Liebhaber und Natur-Freunde

Die Besten der Besten – Border Collies – Deutsche Meisterschaft 2018

Es ist Dienstagnachmittag, der Wettergott ist mir freundlich gestimmt. Nur der Diesel in meinem Auto bereitet mir Kopfschmerzen. Irgendjemand scheint ihn regelmäßig abzulassen, denn mein Tank ist ständig leer. Ich fahre gerade alle meine Schafe auf den Weiden ab, stelle zusätzlich Heuballen und Wasser zu den Damen, damit alle gut versorgt sind. Morgen Früh fahre ich zur Deutschen Meisterschaft der Border Collies, nicht als Zuschauer, nein- sondern als Organisator der Veranstaltung. In einem kleinen Anflug von Überheblichkeit dachte ich: Das machst du doch mit links. Die Ereignisse haben mich später eines Besseren belehrt.

Die Besten der Besten - Border Collies - Deutsche Meisterschaft 2018

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Mittwochmorgen  4:15 Uhr- der Wecker schreit mich erbarmungslos an und dabei wird dieser freche Kerl auch noch immer lauter. Ich kündige ihm die Freundschaft und drücke auf aus. Meine Jasi neben mir steht nun auch auf. Ein früher, müder Start in den neuen Tag, aber heute geht es Richtung Thüringen, auf die fast unendlichen Flächen der Thüringeti. Kaffee, duschen, Koffer verstauen, Hunde einladen und los, so war der Plan. Doch wofür werde Pläne gemacht? Damit sie von Gevatter Zufall über den Haufen geworfen werden.  Aus irgendeiner Eingebung heraus, wollte ich (noch in der Dunkelheit) nach meinen Schafen sehen. Auf der Weide angekommen, traute ich meinen Augen nicht. Die Damen hatten alle Wasserkübel umgeworfen.

Nun kam der entspannende Teil der Anreise, vier Stunden Autobahn- nicht schön, aber ruhig. Bei langen Reisen auf diesen Beton Adern der Wirtschaft habe ich immer genügend Zeit, über alle mir wichtigen Themen nachzudenken, auch über das bevorstehende Treffen Der Besten. Manche sagen auch Deutsche Meisterschaft dazu. Nach viereinhalb Stunden fuhr ich auf den Hof der Thüringeti und mir blieb fast das Herz stehen. Pferde- auf der geplanten Wettkampffläche stehen Pferde.

Pferde? Warum stehen da Pferde?

Der Farmbesitzer relaxt ganz entspannt vor seinem Haus, trinkt genüsslich ein Mittagsbier und beobachtet meine Ankunft. Kein Hallo oder sonstige Begrüßung, sondern: Wir müssen als Erstes einen Plan machen. Hallo Heinz, war meine Begrüßung, auf der Trial Fläche stehen Pferde!? Für euch hat sich doch nichts geändert, war seine Antwort. Aber dieses Mal geht es um die Deutsche Meisterschaft und dafür brauchen unsere Teams viel mehr Platz, als bei unserem letzten Trial. Wir sind doch alles abgegangen und haben den Ablauf besprochen?!

Setz dich und trinke erst mal einen Kaffee, meint Heinz. Bevor ich hier einen ganzen Haufen unzufriedener Border Collie Leute habe, schauen wir uns dann endlich doch noch ein Paar andere Flächen an. Also ab in die unendlichen Weiten der Thüringeti. Eigentlich habe ich es immer für ein Gerücht gehalten, dass es in Thüringen eine Mega Farm gibt, zumindest für deutsche Verhältnisse, mit 700 Pferden, 600 Rindern und zahlreichem anderen Getier. Alle vergnügen sich ganzjährig im Freien- irgendwie ein Stück Wunderwelt oder gar Paradies. Weiß das der Papst?

Schnell in die edle Stahl Karosse eingestiegen und die 200 Pferdestärken in Bewegung gesetzt. Das Land ist weit und unsere Wege lang. So brausen wir von einem Highland  zu Highland, von einer grandiosen Fläche zur anderen. Dann aber kamen wir an eine leichte Anhöhe und der Anblick war weitaus mehr als nur toll! Er war überwältigend! Mitten in Thüringen stand ich vor den sanften Hügeln in Wales. Unfassbar! Eine Wettkampffläche bei der man sich nicht nur über Größe und Weite freut, sondern sich am Startpfosten auch noch vom Anblick des Paradieses tragen lassen kann.

Mit anderen Worten: That`s it.

Noch während ich mit meinen Glückshormonen kämpfe, kommen ganz nüchterne Themen auf den Tisch: Sortieranlage, Startpfosten, Ruhepferch, wo soll der Richterwagen hin und tausend andere Dinge. Ich muss aufpassen, dass ich einen klaren Kopf behalte, denn neben den vielen Gedanken, die gerade auf mich einströmen, bin ich noch immer von dem grandiosen Ausblick überwältigt. Ein Gedankenfunke bringt mich aber schlagartig wieder zurück auf den harten Boden der Realität. Schafe! Für die bevorstehende Deutsche Meisterschaft stehen von einer benachbarten Schäferei 300 Merino Land Schafe bereit und diese prächtigen Tiere sind alles andere als kooperativ oder leicht von den Border Collies zu bewegen.

Aber hey, das ist die Deutsche Meisterschaft und keiner hat versprochen, dass dieser Titel einfach zu bekommen ist. Schließlich treten die Besten der Besten an, unsere hoffnungsvollsten Teams, die sich mit Fleiß, Ausdauer und vielen Starts bis zu diesem Punkt vorgekämpft haben. Auch wenn man sich zum Anschieben dieser bewollten Zwerg-Elefanten sorry Merino Schafe zwei Rottweiler wünschen würde, so ist es doch ein realistischer Ausschnitt aus der täglichen Arbeit.

Da bekommt der Begriff Elefanten-Rennen doch gleich eine ganz andere Bedeutung.

Die fleißigen Mitarbeiter der Thüringeti Farm sind ein Segen, denn wo hat man sonst schon so professionelle Helfer, die mit allen schweren Gerätschaften ausgestattet sind? Der Wunschzettel für diesen Moment: Wir brauchen zwei Wasserwagen, Richterwagen, Stromgerät mit großem Erdspieß, unsere Netze (angeblich Wolf sicher) und bitte die neu gekaufte Sortieranlage auf die ausgesuchte Traumfläche. Prompt setzte sich ALLES in Bewegung. Die Helfer-Profis der Farm schnappten sich ihre Gerätschaften und karrten alles heran was der Wunschzettel verkündete und wir machten uns mit den 300 korpulenten Damen auf den Weg, trieben sie auf die Wettkampffläche.

Die Besten der Besten - Border Collies - Deutsche Meisterschaft 2018

300 Schafe Richtung Wettkampffläche  (Man beachte am Ende der Herde die Größenverhältnisse Schaf / Hund)  http://www.schaf-land.de

Noch während wir im Schweiße unseres Angesichts das Puzzle der Sortieranlage zu lösen versuchten, sahen wir am anderen Ende der Fläche, in ca. 1.000 Meter Entfernung, die ersten neugierigen Starter aufs Feld fahren. Was macht man als erstes, wenn man zur Deutschen Meisterschaft fährt? Nein nicht ins Hotel oder erst mal einen Kaffee trinken, sondern sofort und ohne Umweg auf die Kampf-Fläche, klein Wales fahren. Die Begeisterung war bei allen riesengroß, bis sie die Herausforderung erkannten, Elefanten schieben.

Von nun an  fielen nach und nach die Starter mit Hunderten von Border Collies in Thüringen ein.

Kurz für Nichteingeweihte und Trial-Muffel, schwer-gängige Schafe zu bewegen ist eine ganz besondere Herausforderung. Denn in der Regel werden die sogenannten Trial-Hunde /Wettkampf-Hunde so trainiert, dass sie die Kommandos ihrer Ausbilder auch in großen Entfernungen exakt umsetzen, aber eigenverantwortliches Handeln meist vernachlässigt wird oder teilweise sogar unerwünscht ist. Dann kann es also vorkommen, dass unser vierbeiniger Kollege in 600 Meter Entfernung auf bewollte Zwerg-Elefanten trifft, die den sonst sehr gerühmten Border Collie Blick ignorieren und ihnen auf der Stirn geschrieben steht:

Was willst du Hündchen von mir? Komm doch her, wenn du dich traust.

Was macht dann unser vierbeiniger Kollege? Er weiß nicht so recht weiter und ist in einer solchen Situation alles andere als selbstbewusst. Haben wir keinen selbstständig agierende, mitdenkende Hund gefördert, endet ein Lauf meist im Fiasko, denn der vierbeinige Kollege steht dann vor einer für ihn unlösbaren Aufgabe. Zudem ist  der Hundeführer meist enttäuscht, obwohl er es hätte besser wissen müssen. Einer unserer erfolgreichsten Wettkämpfer, ein Polizist aus Schleswig Holstein, sagte einmal die unglücklichen Worte: Man kann sie wie Joysticks steuern und bewegen.

Brrr…  gruseliger Satz.

Wir bauen noch immer die Sortieranlage auf und die Anreisewelle mit kurzer Besichtigung der Kampfarena läuft ebenfalls. Sie bereiten sich bereits seelisch auf ihre Aufgabe vor, die alles andere als einfach werden wird. Natürlich ist uns bewusst, dass der eine oder andere am Abend den Kopf mehr als nur nachdenklich auf sein Kopfkissen legt, aber hey, es sind die Besten der Besten die wir in Deutschland haben. Sorry, dass ich euch nicht einfache Woll-Mädels, leichte Aufgaben und viele Punkte garantieren kann  -aber einfach wollte ich es ja auch nicht..

Eines muss ich aber an dieser Stelle vorwegnehmen, bei einigen Kämpfern war ich schwer beeindruckt, wie sie als Team zusammen arbeiten und hart um ihre beste Leistung ringen.

Ich habe Respekt und das ist nicht nur eine Floskel,
sondern wirklich größte Hochachtung.

Deutsche Meister Schaft 2018, Tag eins und der erste Start ist schon früh angesetzt. So früh, dass wir den Hotel Chef bitten mussten, um 5:00 Uhr extra für uns Kaffee zu kochen. Er präsentierte uns aber nicht nur den Wachmacher, sondern auch ein ausgiebiges Frühstück. Das war die Rettung! Denn die Nacht war kurz, die Augen noch klein, die Bewegungen langsam, aber nach der zweiten Tasse Kaffee kam auch zu dieser frühen Morgenstunde gute Stimmung auf. Unser Hotel war von Border Collie Menschen belagert, einige nahmen ihre vierbeinigen Kollegen sogar mit aufs Zimmer. Doch nun hieß es:  Wettkampfmodus, dass wird nicht leicht.

Mit am Tisch saß der Richter, ein hochgewachsener blonder Mann, um die 60 Jahre, still, bescheiden aber vollgepackt mit Border Collie Wissen. Arthur Roberts  kommt aus dem Mutterland unserer vierbeinigen Raketen, aus England oder genauer gesagt aus Wales. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass es die Engländer /sorry Waliser- mit der Sprache genau wie die Franzosen halten, ein tolles, stolzes Volk, sprechen aber egal wo sie sind, ausschließlich ihre eigenen Sprachen.
Hätte ich doch in der Schule im Englisch Unterricht besser aufgepasst…  Vor der Hoteltür schlug mir die erste Überraschung des Tages entgegen, Nebel. Auf dem Wettkampffeld begann die Morgendämmerung, alle waren anwesend, nur den Nebel hatte wohl Arthur Roberts versehentlich aus Wales mitgebracht, so dass wir keine 50 Meter sehen konnten. Was macht man aber auf der Deutsche Meisterschaft bei Nebel? Nichts! Warten auf bessere Zeiten. Der Richter fühlt sich bei diesen Verhältnissen sofort heimisch und war entspannt, die Starter nicht.

Die Besten der Besten - Border Collies - Deutsche Meisterschaft 2018

Nebel des Grauens

Nach drei Stunden Ewigkeit, lichten sich die britischen Verhältnisse. Die Sonne hat endlich den Kampf gegen den Nebel des Grauens gewonnen. Schlagartig steigt die Spannung, alle nehmen ihre Plätze ein, die Schafgruppe steht bereit und das erste Team meldet sich beim Richter. Der Wettstreit um das beste Team Deutschlands kann beginnen.

Nun könnte ich alle 59 Starter beschreiben, was ich natürlich nicht mache, nur so viel: Es gab Überraschungen, grandiose Leistungen, Enttäuschungen und bei einem, meine ich fast Tränen gesehen zu haben. Elefanten-Schieben– kein leichter Job.

Nach einem aufreibenden ersten Tag, nun die Belohnung für Zweibeiner, Thüringer Rostbratwurst, Bier und Spaß. Was man in einer geselligen Runde doch so alles erfährt. Einige der Teams kamen direkt von der Europameisterschaft und die Gerüchteküche ist die einzige, die den ganzen Tag geöffnet hat. Bei aller Anstrengung und Kampfgeist, soll es auf einer Party zu ungeahnten Überraschungen gekommen sein. Eine Starterin, aus einem der internationalen Teams hat die Gastfreundschaft ganz besonders in Anspruch genommen und nicht nur neue Freundschaften geschlossen, sondern auch mit dem einheimischen Alkohol Bekanntschaft gemacht. Schlaf im Wechsel mit ausgeflippten Tanzeinlagen im Gastraum war die erste Phase, mit kurzem Zusammenbruch und unerklärlichem Verschwinden startete die zweite Phase. Daraufhin folgte die dritte Phase, die Teamkollegen aus ihrer Landesdelegation machten sich auf die Suche, aber wo? Zunächst in anderen Kneipen, danach mit panischem Gesichtsausdruck in Krankenhäusern und Notaufnahmen. Phase vier: Es half nichts, das Verschwinden konnte nicht-mehr geheim gehalten werden, sie mussten zur Polizei. Die Beamten sahen es aber mit großer Gelassenheit, denn das Aufstöbern von voll-trunkenen Partyschrecks war am Wochenende eine ihrer Hauptaufgaben.

Gehen Sie zurück ins Hotel, wir kümmern uns darum, war die Antwort.

So kam es dann auch. Die kurz vor der Bewusstlosigkeit betrunkene Starterin, landete auf wundersamen Wegen wie von selbst bei der Polizei und wurde nach ärztlicher Untersuchung wieder zu ihrem Team zurückgebracht. Solche Abwege haben wir auf der Deutschen Meisterschaft noch nicht erlebt, aber wer weiß schon, was da noch alles kommen mag?!

Tag zwei der Deutschen Meisterschaft 2018. Traumhaftes Wetter, die Kampfarena ist wieder eröffnet. Ralph Aßmann eröffnet den Tag mit seinem Hund Spot. Irgendwie läuft an diesem Tag alles besser, vermutlich haben sich die Starter nun auf die bewollten Elefanten eingestellt. Die Arbeit in der Sortieranlage war dank der umsichtigen und einsatzfreudigen Helfer nahezu perfekt und mit einer maximalen Motivation gesegnet.

Die Besten der Besten - Border Collies - Deutsche Meisterschaft 2018

Neben der Arbeit in der Sortieranlage, übte sich das Team in Schatten-Kunst

Trotz der eigenwilligen 100 Kilo Damen fiel kein lautes Wort und die Hunde kamen innerhalb der Anlage natürlich auch nicht zum Einsatz. Mit Ruhe und Umsicht wurden die Elefanten Babys sortiert und zusammengestellt. War am Schaf-Stellpfosten, bei der Annahme aber ein Hund zu schwach oder konnte in diesem Moment nicht genügend Präsens zeigen, hoben die Damen ab-und-zu den bösen Mittelfinger und bewegten sich wieder Richtung Sortieranlage, zu ihren Freundinnen. An diesem Tag habe ich mit meiner Abby dem Schafsteller eine Zeit lang die Schafe nachgetrieben und abgesichert, so dass ich beim Lift /der Annahme in der ersten Reihe sitzen konnte. Was man am Startpfosten in 600 Meter nur erahnen konnte, spielte sich direkt vor meinen Füßen ab
und es war spannend.

Die Besten der Besten - Border Collies - Deutsche Meisterschaft 2018

Meine Abby war zu diesem Zeitpunkt die zweite Sicherheit für den Schafsteller http://www.schaf-land.de

So verging wieder Stunde um Stunde. Begeisterung und Beifall lösten Niederlagen und Endtäuschungen ab, aber so ist das nun mal. Bei der Deutschen Meisterschaft bekommt keiner was geschenkt und wo es Gewinner gibt, leiden auch Verlierer.

Lassen wir aber mal die Kirche im Dorf,
es ist Klagen auf hohem Niveau.

Natürlich wollen ALLE in das Finale, obwohl der eine oder andere kurioser Weise genau ahnt, dass sie als Team bei der Aufgabe Look back (schau zurück und hole die zweite Schafgruppe) scheitern werden. Egal, Finale ist Finale, denn allein schon die Teilnahme ist grandios. Nur bei einem Team war ich überrascht dass sie es wegen eines Patzers nicht bis in das Finale geschafft haben, Viola Hebeler mit Gismo. Für mich zählt dieses Team mit zu den Besten der Besten und nach Gismos Verletzung konnten sie sich tatsächlich wieder bis an die Spitze kämpfen. Nur heute nicht.

Die Besten der Besten - Border Collies - Deutsche Meisterschaft 2018

Dr. Viola Hebeler und Gismo  http://www.schaf-land.de

Alle Teams haben zwei Tage gekämpft, gebangt, gejubelt und über die schweren Aufgaben gezetert, aber am Ende der zwei Qualifikationstage kann es nur 12 geben, eben die Besten der Besten.

Das sind sie 2018:

Die Besten der Besten - Border Collies - Deutsche Meisterschaft 2018

Original Starterliste /Deutsche Meisterschaft 2018 Finale  http://www.schaf-land.de

Wir haben das Rad in diesen Tagen nicht neu erfunden, aber Beachtliches war schon dabei. Ich konnte auch, als es in Richtung erster Final-Starter ging, eine ganz besondere Stimmung spüren…
So richtig erklären kann ich es nicht, aber da war ETWAS. Natürlich gaben sich alle gelassen, aber ich konnte auch den Satz hören: Das ist ja nicht irgendein Trial, das ist die Deutsche Meisterschaft.

Ich für meinen Teil- habe die Vorbereitungen für den ersten Finale Starter von der Sortieranlage aus beobachtet. Der Lift war bei diesem Wettkampf, oder besser gesagt bei diesen Woll-Elefanten ganz entscheidend und aus dieser Position war jede Regung des Hundes zu beobachten, die noch nicht einmal der Starter vom Startpfosten aus sehen konnte. Das erste Team hieß Hendrik Kinker mit Hund Win. Grandioser Lauf unter erschwerten Bedingungen, das muss erst mal einer überbieten. So folgte nun Schlag auf Schlag. Alle gaben ihr Bestes. Einige hatten ganz einfach Pech und an diesem Tag leider nicht das Glück der Fleißigen und andere brachten uns zum Staunen. Das Problem Loock back, (Schau zurück und hole die anderen Schafe) muss an diesem Tag ein ansteckender Virus gewesen sein, denn viele waren davon befallen. Aber Finale ist Finale und keiner hat diesen Startplatz geschenkt bekommen.

Nur allein schon für die Teilnahme  – Herzlichen Glückwunsch!

Da am Finale Tag auch zahlreiche Besucher aus der Region angereist waren, um einmal die Besten der Besten aus der Nähe und in Aktion zu sehen, trat ich kurzer Hand nach dem letzten Team vor das Publikum, stellte mich als Mitorganisator vor und lud alle in 30 Minuten auf dem Hof Thüringeti zur Siegerehrung ein. Gerade als ich mich Richtung Hof in Bewegung setzen wollte, standen mir vier Schäfer gegenüber, die gerade angeregt diskutierten. Hallo, war meine Begrüßung, was sagt ihr dazu? Einer der vier Schäfer brachte tatsächlich Lob hervor und die anderen fanden kein so richtiges Gegenargument. Ich kenne diese vier Jungs, aber auch unsere Gespräche Monate vor dieser Veranstaltung. Das hörte sich in etwa so an: Niemals könnt ihr 5 Schafe aus der Herde abtrennen und mit einem Hund per Pfeifkommando bewegen. Sie brechen immer aus und laufen zur Herde zurück, schon gar nicht mit Border Collies. Meine Antwort: Ihr habt aber gesehen, dass es ging und was machen denn die Schotten? Ohne ihre Border Collies wäre die Schafhaltung in Schottland gar nicht möglich! Alle lachten verlegen. Vielleicht haben sie es ja noch nie ernsthaft mit gut ausgebildeten Border Collies probiert?

Nun aber schnell Richtung Hof. Die Siegerehrung für die Deutsche Meisterschaft 2018 steht an. Frauke, Bianca und ich bereiten schon mal die Medaillen und den Tisch für die Präsente vor, bis Eckhard Sievers eintrifft und noch Werbebotschaften seines Sponsors mit ins rechte Licht rücken möchte. Wir schieben also Tische und Bänke zusammen, so das Eckhard seine Banner und Futtersäcke für Fotos präsentieren kann- schon sind alle glücklich.

Die Urkunden sind geschrieben und Sieger 2018 stehen fest:

  1. Win mit Hendrik Kienker
  2. Cap mit Eckhard Sievers 
  3. Dan mit Anita Heserm

Die Besten der Besten - Border Collies - Deutsche Meisterschaft 2018

Cap mit Eckhard Sievers         Win mit Hendrik Kienker         Dan mit Anita Hermes http://www.schaf-land.de

Die Medaillen sind verteilt, alle Kämpfe ausgefochten und die Besten der Besten 2018 gefunden. Win, Cap und Dan waren grandios, aber- alle, die sich drei Tage lang mit großen Herausforderungen herumgeschlagen haben, waren sehenswert!

Vielen Dank, dass wir euch beim Wettstreit beobachten durften.

Veranstalter:      ABCD e.V. /Arbeitsgemeinschaft Border Collie Deutschland
Organisator:       Bianca Jacobi und H.P.Schaarschmidt  von www.schaf-land.de

Hütevorführung oder Hüte-Vorführung?

„Wie? Sie wollen bei uns eine Hüte-Vorführung präsentieren?“ fragt ein Schlossverwalter, willigte aber im gleichen Moment ein. Er wundert sich nur, dass wir so viel Fläche dafür benötigen. Hüte passen ja wunderbar zu einem Schloss, aber eine gewisse Verwirrung ist dem Hausherren deutlich anzusehen.

Ich trage Gummistiefel und eine Wachsjacke, habe zwei Border Collies dabei und erzähle von meinen Laufenten, aber irgendwie will sich der Nebel in seinem Kopf noch nicht verziehen. Ich überlege kurz: „Gefällt mir diese Verwechselung?“ Die Antwort ist schnell gefunden: „Ja, echt witzig!“ Eigentlich müsste ich diesen Herrn auf den Boden der Tatsachen holen, aber die Wortspiele und das offensichtliche Missverständnis machen mir ziemlich viel Spaß.

Wir reden noch immer über eine Hütevorführung, oder doch eine Hüte-Vorführung?

Die Frage nach Absperrgittern und Strom für die Technik bringen ihn nicht auf andere Gedanken, aber das Thema Heu macht den Freiherrn von ich weiß nicht genau dann doch etwas stutzig.

„Heu? Sie brauchen Heu?“ „Ja, das wäre super, wenn die Wiesen so weit runter gemäht sind, dass sie nicht mehr ergiebig sind.“ „Die Wiesen müssen ergiebig sein?“ „Naja“, antworte ich „unsere schottischen Kolleginnen müssen ja ordentlich versorgt werden“. So langsam werde ich mutig und erwähne noch: „Schließlich bin ich für die vielen hübschen Damen verantwortlich“.

Vor mir steht ein Mann, der ein Schloss von seiner Familie übernommen hat und in seiner ganz eigenen Welt lebt. Ich gebe zu, seine mit Wappen bestickten Hemden und seine Lack-Schühchen finde ich etwas lächerlich, aber jeder mag so leben, wie es ihm beliebt. Über mein Leben mit den Tieren werden sicherlich auch viele Menschen den Kopf schütteln.

Doch dann findet er seine Sprache wieder und stellt die richtige Frage: „Was machen Sie eigentlich genau?“ Nun wird es Zeit, die Situation aufzulösen. Eigentlich schade. „Wir präsentieren den Border Collie Arbeitshund in der Tradition der schottischen Farmer und das mit Hilfe von schottischen Schafen und Laufenten.“ Ich sehe in aufgerissene Augen und wieder folgt Schweigen.

Hütevorführung Border Collie May / Schaf-Land.de

Hütevorführung Border Collie  / Schaf-Land.de

Dann aber bricht es aus ihm heraus: „Das ist ja wunderbar und es passt perfekt in diese Umgebung“. Ich mochte den schottischen Landadel schon immer, denn er ist das Paradebeispiel für Pragmatismus und Tradition. „Werter Freiherr von ich weiß nicht genau, bei uns geht es weniger um den schottischen Adel, sondern eher um den Border Collie. Genau gesagt, um den Arbeitshund Border Collie“. Ich kann fast sehen, wie seine grauen Zellen auf Hochtour laufen, er aber versucht, diese Gehirnakrobatik zu verstecken.

„Wieviel Fläche brauchen Sie und kann man diese Präsentation in einem Schloss-Event integrieren?“ „40m x 60m wäre wunderbar, aber wir kommen auch mit etwas weniger zurecht. Es ist aber sehr schön, auch für die Zuschauer, wenn die Hunde genügend Platz haben, um ihren Job zu erledigen. Es sieht einfach besser aus und das Publikum sieht Border Collies, wie sie wirklich agieren. Das ist ziemlich spektakulär. Und was die Einbindung in ein Schlossfest betrifft, so haben wir mit dieser Kombination nur gute Erfahrungen gemacht. Der Veranstalter benutzt unsere Hütevorführung sogar als zusätzliche Werbung für sein Fest.“ „Ok, das kann ich mir alles gut vorstellen“, ist seine spontane Antwort.

Während er betont lässig hinter seinem ehrwürdigen Schreibtisch sitzt, der vermutlich von seinem Ur-Ur-Urgroßvater stammt, beschleicht mich ein komisches Gefühl. So ganz genau kann ich es nicht beschreiben, aber seine übertriebene Lässigkeit passt irgendwie nicht zu ihm. Dieser Freiherr versucht doch tatsächlich, einen auf Kumpel zu machen, aber meine Magengegend rebelliert. Nein, kein Durchfall. Mit dem Mann, der in den Lackschühchen steckt, stimmt etwas nicht.

„Für die Programminhalte geben wir auf unseren Schlossfesten nichts aus, weil unser Event eine tolle Plattform ist, bei der alle dabei sein wollen.“ OK, das erklärt meine Bauchschmerzen. Sie wollen sehr viel für Null. Am besten alles. Die Lackschühchen suchen nur Einnahmequellen, da vermutlich die Unterhaltskosten der Schlossmauern drücken. So habe ich mir eine Zusammenarbeit nicht vorgestellt. Ich wünsche mir eine gewisse Begeisterung und Achtung für und vor uns und unseren Hunden. Ich mag die Geschichte, Burgen und Schlösser auch, aber keine arroganten Fatzke, die den Verfall mit Überheblichkeit verdecken wollen. Bin ich jetzt zu streng oder zu intolerant?  Mir ist es egal.

H.P.Schaarschmidt /Foto: Jasemin B

H.P.Schaarschmidt /Foto: Jasemin B

Auf diesem herrschaftlichen Schlossgelände werden wir dann wohl nicht den Arbeitshund Border Collie vorstellen. Bei der Arbeit mit Schafen und Hunden spielen Ideale mehr als nur eine große Rolle.

Einige „Otto Normalverbraucher“ halten uns Schaf- und Hundeleute sicher für verrückt. Als ich meinen Lektor in Berlin frage, ob da etwas dran sei, fällt seine Antwort so kurz wie simpel aus: „Natürlich sind Sie etwas verrückt, sonst würden Sie das doch alles nicht machen. Schafe, Border Collies, Hütevorführungen, ein Buch schreiben und dabei noch einem Beruf nachgehen ist verrückt. Aber schön, dass Sie es tun.“

 

Bucherscheinung 2017 – Tiergefährten –

Meine täglichen Erlebnisse rauschen wie ein Schnellzug in voller Fahrt an mir vorbei und ich komme gar nicht dazu, all das Erlebte festzuhalten. Das Erleben, das Machen und das Aktiv sein sind ja aber auch nur eine Seite meines Lebens, worum es mir noch geht, nämlich das Schreiben, ist eine ganz andere.

Eigentlich sollte mein Erstlingswerk „Tiergefährten“ bereits im Sommer auf dem Markt sein, aber bei der Abschlussbesprechung in Berlin flogen mir nicht nur die Kritikpunkte meines Lektors um die Ohren, sondern auch die von einer guten Freundin, die der schreibenden Kunst mächtig ist. Das Schreiben und Veröffentlichen eines Buches hatte ich mir bis dahin ganz anders vorgestellt.

Bucherscheinung 2017 - Tiergefährten -

Bucherscheinung 2017 – Tiergefährten –

Aber da jede Krise auch ein produktiver Prozess ist, sollte ich froh sein, dass ich so kompetente Freunde an meiner Seite habe. Deshalb ist des vermeintlich fertige Buch nun wieder für eine neue Überarbeitung freigegeben. Nein, ich bin nicht deprimiert, vielleicht ein bisschen enttäuscht. Mit meinem Erstlingswerk male ich mir natürlich keine Chancen auf den Pulitzer Preis aus, der mir sowieso egal ist, aber ich möchte unbedingt, dass der Schnellzug meines Lebens einen Moment anhält, Ihr eine Strecke mit mir reisen könnt und ich Euch dabei meine Geschichten über die Tiere und Mutter Natur lebendig und fesselnd erzählen kann.

Mutter Natur? Mit diesem Namen sollte ich mich auch mal näher beschäftigen..

Auch wenn ich dachte, wir hätten alle Arbeiten abgeschlossen, haben sich nun alle Beteiligten wieder in die Arbeit gestürzt und aus dem Sommer-Buch wird wohl eher ein Herbst-Buch 2017.

Ganz mit den Worten des genialen Oscar Wilde: „Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es nicht das Ende“. Ihr dürft also weiter gespannt sein und ich informiere Euch über Neuigkeiten.

 

Herzliche Grüße aus dem schönen Nienburg
H.P.Schaarschmidt

 

Schafschur

Eigentlich waren wir dieses Jahr spät dran, aber beim ersten Versuch hat der Himmel unverhofft alle Schleusen geöffnet und meine Mädels ordentlich eingeweicht. Ich möchte einmal das Gesicht des „Frisörs“ sehen, wenn er  über 100 klatschnasse Damen scheren soll. Nun ging es aber endlich los und der Wettergott hatte glücklicherweise ein Einsehen mit uns.

Der Frisör und ich waren um 7.30 Uhr verabredet. Neugierige hatten sich auch angesagt, denn schottische Damen nackt zu machen ist ein Ereignis. Manche behaupten ja, Blackis haben immer einen Plan. Das vermute ich schon lange, aber bei dem Thema „Wolle ab“ sind wir einer Meinung  – meine Damen und ich.

Rainer, der Schaffrisör, war super pünktlich. Um 07.30 Uhr fuhr er auf den Hof. Gut gelaunt und voller Tatendrang begrüßte er mich und machte gleich seinen ersten Scherz:  „Du, eigentlich habe ich gar keine Lust.“

Da ich aber Rainer kenne, weiß ich, er macht seinen Job mehr als nur gerne  – er liebt ihn geradezu. In der Halle war alles vorbereitet. Strom für die Schermaschine, Scheinwerfer positioniert, Gatter aufgestellt und die angemeldeten Zaungäste wollten für Kaffee und Brötchen sorgen. Das Treffen von netten Menschen und vielen schottischen Damen war arrangiert. Naja, viele Damen ist relativ, denn ich habe ja noch immer eine Hobbyzucht, auch wenn ich die 100er Marke längst überschritten habe   – und dabei meine ich nicht mein Alter.

Rainer schaute sich die vorbereitete Arbeitsstelle an: „Sehr schön, aber hatte ich schon erwähnt, dass ich gar keine Lust habe?“ „Ist ja gut, Rainer, du musst nicht verheimlichen, dass du deinen Job sehr gerne machst“, war meine Antwort.

Schafschur /H.P.Schaarschmidt

Schafschur /H.P.Schaarschmidt

Maschine aufbauen und dann geht es den Damen an die „Wäsche“,
Foto Hardi P. Schaarschmidt

Nur noch Messer aufstecken und schon konnte die Aktion „nackte Damen“ beginnen. Gleich bei der ersten Lady hatte Rainer ein Problem. Die Unterwolle löste sich schlecht, so dass der Tag mit richtiger Arbeit begann. Eigentlich hatte ich sechs Stunden mit Pause eingeplant, aber das stand nun auf der Kippe. Doch es lief besser als vermutet. „Der gleiche Herr – die nächste Dame“, nach diesem Motto lief es zügig bis zur ersten Pause.

Schafschur /H.P.Schaarschmidt

Schafschur /H.P.Schaarschmidt

Die Chefin beobachtete Rainer ganz genau. Wer ist der Fremde? Was hat er vor?
Foto Hardi P.Schaarschmidt

Pünktlich zur Pause trafen unsere Zaungäste Karin, Tessa und Wilhelm F. ein. Bewaffnet mit Kaffee, Brötchen und guter Laune. Es waren sehr nette, kreative „Schreibtisch-Täter“, die zum ersten Mal in ihrem Leben eine Schafschur live erleben wollten. Wir hatten alle viel Spaß, aber die Schäferromantik hatte ihren Platz mit Arbeit getauscht. Unsere Besucher machten reichlich Fotos und überraschten uns mit liebevoll belegten Brötchen. Zu unserer Verwunderung stand dann plötzlich auch noch ein ganzer Pulk von Menschen vor uns.

„Wow, wo kommt Ihr den aller her?“ „Guten Morgen, wir machen gerade eine Klosterführung und haben gehört, dass hier eine Schafschur stattfindet.“ „Ok, herzlich willkommen.“ Dann prasselten tausend Fragen auf mich ein. Rainer trank in Ruhe seinen Kaffee, unsere Besucher posierten zwischen den Schafen und ich stand Rede und Antwort. Viele schlaue Fragen, aber auch einige, über die man sich schon mal wundern darf.  „Was machen Sie, wenn jetzt plötzlich Wölfe kommen?“
„Ich hole meine Schrotflinte und erschieße alles, was sich meinen Schafen nähert.“ Wenn ich eine Flinte hätte. Eine schlaue Antwort auf eine schlaue Frage.

Nach diesen tiefsinnigen Weisheiten des Lebens war unsere Pause auch schon wieder vorbei und es wartete noch einen Menge Arbeit auf uns. Eine Dame nach der anderen ließ ihre Wolle und, oh Wunder oh Wunder, wir hatten mehr Platz im Stall. Angezogene Frauen nehmen doch schon eine ganze Menge Platz weg. Als ich nebenbei davon erzählte, dass ich nach der Schafschur viel mehr „ausgezogene“ Damen in den Anhänger bekomme, überraschte unsere Besucherin mit der Frage:
„Gilt das auch fürs Bett“?

Rainers Kommentar: „Die Frau überrascht mich positiv.“ und ich bekam einen Lachanfall.

Und wieder ging es zügig voran. Ich reichte die Schafe an, Rainer „zog sie aus“ und unsere Besucher hatten offensichtlich viel Spaß. Ganz besonders erstaunlich war die Wandlung ihrer Tochter Tessa. Als sie bei uns eintraf, hatte sie eine Riesenangst und traute sich nicht an meine Mädels heran. Nach einem Vormittag  – das Foto spricht für sich selbst

Schafschur /H.P.Schaarschmidt

Schafschur /H.P.Schaarschmidt

Tessa und Rosemarie, Foto privat

Das war sie also wieder, die Schafschur für dieses Jahr. 100 nackte Damen, ein witziger Schafscherer und die kleine Tessa, die ihre Liebe zu Schafen entdeckt und eine Schaf-Freundin gefunden hat. Die vierbeinige Freundin wurde Rosemarie getauft   – warum, um Himmelswillen, gerade Rosemarie?

Kann eine Schafschur noch besser laufen?
Wohl kaum, denn wir alle hatten eine GUTE Zeit.

Liebe Gemeinde

Es war einmal ein Schafzüchter. Er liebte seine Tiere und verbrachte viel Zeit bei seinen vierbeinigen „Freunden“. Seine Schäfchen lebten ein ruhiges und zufriedenes leben, hatten genügend Grün und pflegten dabei des Gelände eines alten Klosters aus dem Jahre 1148. Im Schaf-Land konnten sie einfach nur Schaf sein und einmal im Jahr in Ruhe ihre Babys groß ziehen.

Die Schafe:
Einmal im Jahr fallen Zweibeiner in unser kleines Reich ein, hören laute Musik, trinken viel Bier und sind außer Rand und Band – am sogenannten „Vatertag“. An diesem Tag müssen wir uns immer verstecken, alle Weiden verlassen und unser Schäfer schlisst uns zur Sicherheit sogar im Stall ein.

Da sind wir alle immer sehr beunruhigt, denn niemand kann sagen, was passiert.

Dieses Jahr war es mal wieder soweit. Die Zweibeiner vielen ein und versetzten unsere ganze Herde in Aufruhr. Sie rissen diesmal sogar Zäune um, brachen nachts den Stall auf und scheuchten uns in die Dunkelheit. Das war für uns kein schönes Erlebnis, denn in der Dunkelheit konnten wir nicht auf unsere Lämmer achten.

Eine kleine Familie Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Eine kleine Familie Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Liebe Gemeinde, wir wollen nur in Ruhe den Rasen eures Klosters pflegen und unsere Babys versorgen. Bitte denkt an uns, wenn ihr nächstes Jahr zum „Vatertag“ wieder feiern solltet.

Mit lieben Grüßen
Eure Kloster-Schafherde

…manchmal rede ich mit mir selbst

Nein, ich bin nicht „verrückt“ geworden (auch wenn einige vielleicht etwas anderes behaupten), aber manchmal tobt in meinem „Inneren“ eine „angeregte „Diskussion“.
Man, man, man, was habe ich mir bloß dabei gedacht, als ich vor Jahren mit den Schafen angefangen habe?! Ob das wohl alles so richtig war. Natürlich liebe ich meine Schotten, ich meine Schafe, aber sie halten mich ganz schön auf Trapp. Auf der anderen Seite bringen mir diese „Biester“ auch ganz viel Freude und wenn ich so darüber nachdenke, die viele Arbeit macht mir eigentlich auch gar nix aus. Im Gegenteil, irgendwie stellt sich ein seltsames Gefühl der Zufriedenheit ein und genau dafür machen wir das doch alles. Oder?

Denke ich zurück, so muss ich mich am Anfang ziemlich „dumm“ angestellt haben. Bei den ersten Lämmern bin ich gleich in Panik verfallen uns sofort den Tierarzt angerufen. Na ja, besser so als „andersherum“. Die erfahrenen Berufsschäfer bewundere ich nach wie vor, denn sie besitzen nicht nur unglaubliches Schaf-Wissen, sondern auch eine ganz besondere Berufsehre, gepaart mit Leidenschaft und Fleiß. Wenn ich die von mir sehr geschätzte Schäfermeisterin Kerstin Doppelstein anschaue, bekomme ich fast ein „schlechtes Gewissen“, denn gegen ihren täglichen Arbeits-Wahnsinn habe ich bei meinen „Mädels“ Dauerurlaub. Es geht mir einfach nicht aus den Kopf, was hat Kerstin dazu getrieben, nach ihrem Biologie Studium den Beruf des Schäfers zu erlernen, ihn natürlich abzuschließen und weil sie ja sonst nix zu tun hat (außer ihren 1.000 Schafen) auch noch ihren Schäfermeister zu machen. Hierzu fällt mir nur „wow“ ein und meine vermeintlichen „stressigen Arbeiten“, an den „Damen“, werden auf einmal ganz klein. Hobby Schafhaltung nennt man das wohl. Ich glaube, ich nehme mich manchmal einfach zu „wichtig“. Mit zwei Border Collies 120 Schafe zu bewegen und die Mädels so artgerecht wie möglich zu züchten, ist ja nun auch kein „Hexenwerk“. Ach, manchmal gehen mir so viele Dinge durch den Kopf, dass er fast „explodiert“. Was macht man da, klar, hinsetzen und erst mal in Ruhe eine „Friedenspfeife“ rauchen – quatsch, höchsten ein Bier trinken.

„Baumausreißtag“

„Baumausreißtag“

„Baumausreißtag“

An manchen Tagen könnte man ganze Bäume ausreißen (mit Wurzel) und an anderen, fallen einem ganz „normale Dinge“ schwer – mir zumindest. Ich weiß ja nicht, wie es euch da draußen allen so geht? Mir macht meine „Schinderei“ ziemlich viel Spaß und ich wollte auch nichts anderes tun.
Denke ich so an die guten und erfahrenen Hundetrainer, schießt es mir geradezu blitzartig in den Kopf: „ du musst dich viel mehr mit der Ausbildung beschäftigen, sonst wird das nie was Vernünftiges“. Ok, leichter gesagt als getan, denn was läuft denn sonst noch so „nebenher“? :
120 Schafe, Artikel für zwei Zeitschriften schreiben, den Blog aktuell halten, mein erstes Buch (na ja, die jetzige Arbeit machen eigentlich andere, denn ich bin mit meiner durch) und Hütevorführungen. …wenn ich also mal ein lockeres Wochenende erleben möchte, so melde ich mich, oder besser gesagt meine Hunde, zu einem Trial an. Aufgeregt bin ich schon, aber das ist doch irgendwie positiver „Stress“ und die frühere „Panik“ am Startpfosten, hat inzwischen auch das Weite gesucht. Meinen ersten Start werde ich nie vergessen, denn bereits am Start schossen mir wirre Gedanken durch den Kopf wie: bin ich eigentlich total verrückt geworden, oder die anderen sind alle viel besser als wir, hoffentlich verletzt mein Hund keines der Schafe. Wenn einem 10 Sekunden vor dem Start solche seltsamen „Blitze“ durch den Kopf schießen, kann die ganze Sache eigentlich gar nicht gut gehen. Vielleicht sollte ich mich bei den Starts nach den Sternen richten. Einige schwören ja darauf. Horoskope, Sternzeichen, Aszendent, vielleicht wissen die Bescheid und haben immer den „Durchblick“ – diese Variante weckt bei mir doch den einen oder anderen Zweifel.

Wobei mir schon mal jemand sagte: „Waage Menschen lieben das Schöne“ und ich bin „Waage“. Nicht die, die bei manchen im Bad auf dem Boden steht, sondern am Himmel prangt. Mich fragte tatsächlich mal jemand: „was bist du für ein Sternzeichen“? Ich sagte „Waage“ und die obligatorische Antwort war: „das habe ich mir gleich gedacht“. So so, man kann also sehen was ich für ein Sternzeichen bin…
Wenn ich also das nächste Mal zu meiner Bank gehe und sie mich noch immer ohne Anwendung von Gewalt einlässt, sollte ich vielleicht mit meinem Sternzeichen etwas schummeln und statt „Waage“ das Thema „Schütze“ ins Gespräch bringen. Ich ändere bei den Damen und Herren ganz einfach mein Geburtsdatum und werde fast automatisch zum hofierten Kunden. Beim Schütze Menschen wirkt angeblich der Jupiter als Geburtsplanet und der verheist Wohlstand. Mist, wegen der „Wage“ habe ich also mit meiner Bank immer diese „Meinungsverschiedenheit“. Meine Bank kennt diese „Probleme“ auch schon lange und ich sollte mal etwas unternehmen, um unsere „Beziehung“ zu verbessern. Eine Variante wäre, bei Vollmond Aktien zu kaufen und sie bei Neumond wieder „auf den Markt zu werfen“. Ein noch „besserer Plan“ ist Aktien eines Unternehmens zu erwerben, nach dem man das Horoskop der Firma erstellt hat. Wo bekomme ich aber ihr Horoskop her? Natürlich von einem „ernsthaften Profi“

„Sternengeld“

„Sternengeld“

Dann gibt es Geld von den Sternen – „Sternengeld“

Wann wurde das Unternehmen gegründet, das wäre das „Geburtsjahr“ und wenn ich nun auch noch die Zeit in Erfahrung bringen könnte, wann die Firmengründung unterschrieben wurde, kann doch garnichts mehr schief gehen.

…ich glaube, darüber denke ich nochmal nach

...besser nicht

…besser nicht

Diese Variante verwerfe ich lieber auch gleich wieder

Ach so, ehe ich es vergesse,
zu all dem habe ich auch noch einen sehr guten Freund verloren. Er hat mit mir Schluss gemacht. Wir hatten tolle Jahre, haben viel gemeinsam erlebt, waren in ganz Deutschland unterwegs und haben uns gegenseitig geholfen. Musste ich dringend irgendwo hin, hat er mich ohne zu fragen gebracht und hat er was benötigt, habe ich es ihm gekauft. Wir waren ein tolles Team und das alles soll nun vorbei sein? Na ja, alles hat seine Zeit und die „Welt bleibt bekanntlich nicht stehen“. Ich werde ihn vermissen, auch wenn er mich manchmal Nerven gekostet hat, oder mal wieder nicht in die Gänge kam. Egal, es war toll mit ihm und ich werde noch lange an ihn denken, schließlich hat er mich tausende von Kilometer durch Old Germany gebracht, mein alter Geländewagen – „Leb wohl“

…wie schon gesagt, manchmal rede ich mit mir selbst.

Eines meiner Schafe trauert

Schafe habe ich nun schon einige Jahre und mit den „Damen“ auch so manches erlebt. Wenn aber Zwillinge zur Welt kommen und keines überlebt, ist das ein bitteres Erlebnis. Natürlich versuche ich immer alles, um meinen Mädels in Notsituationen zu helfen, von Extrafutter, ärztliche Betreuung vom ‚“Gesundmacher“ oder auch schon mal bis zur nächtlichen Geburtshilfe durch mich. Doch manchmal geht „Mutter Natur“ ihre eigenen Wege, die gelegentlich leider nicht mit meiner Route übereinstimmen.

Eines meiner Schafe trauert Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Eines meiner Schafe trauert Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Ein Lamm war bereits bei der Geburt tot und das zweite starb in der Nacht.

Meine wolligen Kolleginnen sind ja im Allgemeinen „hart im Nehmen“ und spüren sehr schnell, wie es um ihren Nachwuchs bestellt ist. Haben sie zum Beispiel Zwillinge und eines der kleinen Racker ist extrem unterentwickelt und nur schwer bis gar nicht lebensfähig, lassen sie es achtlos liegen und kümmern sich um das gesunde Lamm. Aus unserer Sicht ziemlich hart, aber für ihr Überleben wichtig und logisch. Meine Scottish Blackface, als auch meine Mixe (wie hier), sind tolle Mütter und kümmern sich aufopferungsvoll um ihre Kleinen. Deshalb ist es in der Lammzeit für meine Hunde immer eine ganz besonders „Abenteuer“ sie zielsicher zu bewegen. Fühlt sich eines der Mütter mit ihrem Nachwuchs bedroht, heißt es Vorsicht für den Hund. In dieser Zeit ist nix mit „liebes Schaf“ und sie greifen im Notfall auch mehrere Hunde an – um ihre Babys zu verteidigen. Tolle Mütter.

Eines meiner Schafe trauert Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Eines meiner Schafe trauert Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Sie stand die ganze Zeit neben ihrem toten Nachwuchs und hielt Wache.

Stirbt ein Lamm, finden sie sich in der Regel binnen weniger Stunden damit ab und akzeptieren das Unvermeidliche. Noch schneller geht es, wenn sie sich um den zweiten Nachwuchs kümmern müssen. Bei der Haltung versuche ich die Tiere so artgerecht wie möglich zu behandeln und mache vielleicht einiges anders, als man vermuten würde. Zum Beispiel nehme ich die Lämmer nicht vorzeitig von den Müttern weg, um sie mit Kraftfutter zu „mästen“ oder bei dem Tod von Lämmern, entferne ich sie nicht gleich, sondern lasse sie noch einen Tag bei der Mutter liegen.
Mit meinen über hundert Muttertieren bin ich noch immer ein „Hobby-Schafhalter“, doch in einem Schäfereibetrieb sind 1.400 Mutterschafen eine ganz andere „Welt“, aber auch sie versuchen es den Damen so artgerecht wie möglich zu gestalten. Mit einigen habe ich gearbeitet und sie sollten endlich mal eine Auszeichnung bekommen: „Held der Arbeit“ …oder so

Eines meiner Schafe trauert Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Eines meiner Schafe trauert Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Eines meiner Schafe trauert, oder empfindet etwas Ähnliches.

Bei meinen Damen habe ich festgestellt, sie brauchen einige Zeit, dies zu akzeptieren und ganz besonders, wenn der komplette Nachwuchs stirbt. Noch bis vor wenigen Jahren wurde auf einigen Universitäten (besonders in den USA) gelehrt: Tiere haben generell keinerlei Emotionen und sind ausschließlich triebgesteuert – empfinden also absolut Garnichts. Schaue ich mir unser „Tierschutzgesetz“ an, glauben das auch Einige in unserem Land.
Wieder zurück zu meinem trauernden Schaf. Sterben wie in diesem Fall beide Lämmer, ist das eine Katastrophe. Der komplette Verlust löst anscheinend einiges bei dem Mutter-Schaf aus und nach unseren, menschlichen Maßstäben würden wir es als Trauer bezeichnen. Denke ich in diesem Zusammenhang an die zahlreichen Mastanlagen und Massentierhaltungen, wird mir ganz übel und ich schäme mich für die Betreiber.
Dieses Schaf hat es besonders schwer getroffen, denn zum einen ist sie eine tolle Mutter mit außergewöhnlich guten Muttereigenschaften und zum anderen ist der komplette Nachwuchs tot. Gerade diese brauchen dann einige Zeit, um zu akzeptieren, dass ihre Kleinen nicht mehr leben. Diese Möglichkeit gebe ich ihnen und lasse die Lämmer noch liegen. Die Mutter steht dann neben ihnen und passt auf sie auf. Ein wirklich herzzerreißender Anblick und wenn ich in ihre Augen schaue, sehe ich Trauer. Nun sind die zwei Lämmer nicht mehr im Stall, aber sie steht noch immer ganz apathisch herum und kommt nur langsam wieder in das Herden-Leben zurück. Auch bei meinem Schaf stellt sich nun wieder die Frage: wenn sie „nichts empfindet“, warum sollte sie sich so verhalten?
An alle, die Tiere nur als „Fleischlieferanten“ sehen, ihr seid auf dem „Holzweg“.

Ich für meinen Teil versuche das Gegenteil zu tun, von dem was ihr macht.

Und es gibt Viele von uns…