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Liebe Gemeinde

Es war einmal ein Schafzüchter. Er liebte seine Tiere und verbrachte viel Zeit bei seinen vierbeinigen „Freunden“. Seine Schäfchen lebten ein ruhiges und zufriedenes leben, hatten genügend Grün und pflegten dabei des Gelände eines alten Klosters aus dem Jahre 1148. Im Schaf-Land konnten sie einfach nur Schaf sein und einmal im Jahr in Ruhe ihre Babys groß ziehen.

Die Schafe:
Einmal im Jahr fallen Zweibeiner in unser kleines Reich ein, hören laute Musik, trinken viel Bier und sind außer Rand und Band – am sogenannten „Vatertag“. An diesem Tag müssen wir uns immer verstecken, alle Weiden verlassen und unser Schäfer schlisst uns zur Sicherheit sogar im Stall ein.

Da sind wir alle immer sehr beunruhigt, denn niemand kann sagen, was passiert.

Dieses Jahr war es mal wieder soweit. Die Zweibeiner vielen ein und versetzten unsere ganze Herde in Aufruhr. Sie rissen diesmal sogar Zäune um, brachen nachts den Stall auf und scheuchten uns in die Dunkelheit. Das war für uns kein schönes Erlebnis, denn in der Dunkelheit konnten wir nicht auf unsere Lämmer achten.

Eine kleine Familie Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Eine kleine Familie Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Liebe Gemeinde, wir wollen nur in Ruhe den Rasen eures Klosters pflegen und unsere Babys versorgen. Bitte denkt an uns, wenn ihr nächstes Jahr zum „Vatertag“ wieder feiern solltet.

Mit lieben Grüßen
Eure Kloster-Schafherde

…was für ein Tag, Lamm Zeit, Gebärmuttervorfall und andere „Ereignisse“

Ich weiß nicht ob ihr das auch kennt, aber manchmal gibt es Tage, da könnte man immerzu den Kopf schütteln uns sagen: …was für ein Tag?! Hätte es was gebracht, wenn ich einfach im Bett geblieben wäre und dieses Datum am Kalender gestrichen hätte? Mist, mit Hunden und Schafen geht das leider nicht, also ran an den Tag. Dabei wusste ich noch nicht einmal was im Laufe der nächsten Stunden so alles auf mich zu-rollen sollte und das hätte mich bis Sonnenuntergang auch fast über-rollt. Eben der ganz normale Wahnsinn eines Schafhalters.
Immer wenn ich solche „ereignisreichen“ Zeiten habe, fallen mir die zwei befreundeten Berufsschäfer in Leipzig und Holland ein. Dann schäme ich mich fast, dass ich so „wehleidig“ bin. Was diese Zwei jeden Tag leisten, dafür müsste ich mich klonen. (H.P.Schaarschmidt doppelt, ob das einer will?)

Lamm Zeit und Gebärmuttervorfall Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Lamm Zeit und Gebärmuttervorfall Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Lamm Zeit, Gebärmuttervorfall und andere aufregende „Ereignisse“

Angefangen hat dieser Katastrophentag mit einer schlaflosen Nacht. Leider nicht, weil wir die ganze Nacht durchgefeiert hatten, nein, sondern weil der 6 Zylinder des sonst sehr netten Nachbarn mich geweckt hat. Nur dumm, dass mir sogleich ganz viele Themen durch den Kopf „schossen“

…und der Schlaf hatte sich verabschiedet.

Vielleicht lag es auch daran, dass ich am Vortag gemeinsam mit meinem Tierarzt einem Schaf den Scheidenvorfall behoben und genäht hatte. Doch leider stand die Dame schon kurz vor der Geburt, was die „Angelegenheit“ alles andere als einfach machte. „Eigentlich“ wäre noch Zeit gewesen, aber der Eingriff hatte sie wohl so durcheinander gebracht, das die Geburt kurz bevor stand. Scheidenvorfall und kurz vor der Geburt?! Auch das kann einen schon mal um den Schlaf bringen.

Also stand ich auf, es war ja immerhin „schon“ 4 Uhr, mache mir einen Kaffee, lud meine Hunde ein und fuhr zu meinen Schafen. Was sollte man auch sonst 4 Uhr morgens machen? In der Regel bekommen meine Mädels in den Morgen- oder Vormittagsstunden ihre Lämmer, so dass die kleinen Neuankömmlinge bis zur Nacht schon recht stabil und munter sind. Im Stall angekommen, startete gleich das volle „Programm“. Der Nachtfrost hatte alles Wasser gefrieren lassen, so dass die komplette Truppe einen recht unzufriedenen Eindruck machte. Eine Mutter lag auf dem Rücken und hatte sich mit der Wolle so verfangen, dass sie nicht wieder hochkam. Diese „Käferstellung“ und das Kämpfen um das Freikommen hatte sie schon so geschwächt, dass Kreislauf und Kräfte fast am Ende waren. Ihr Lamm stand hilflos daneben. Das Schaf mit dem Scheidenvorfall hatte die Naht gesprengt und vorzeitig zwei Lämmer geboren. Eines war bereits tot und das Zweite extrem unterentwickelt und als ob dies Alles nicht schon schlimm genug war, hatte sie auch noch einen Gebärmuttervorfall. Neben ihr lagen nicht nur zwei Lämmer, sondern auch ihre gesamte Gebärmutter.

Bei diesem Anblick musste ich dann doch erst mal kurz durchatmen, denn liegt sie etwas länger draußen! schwillt sie an und das zurück, ja wie sagt man das am besten …legen („stopfen“ passt besser), wird extrem kompliziert.

Nein, nein, nein …was für ein Tag!

Als Erstes habe ich die geschwächte Mutter aus der „Käferstellung“ befreit. Sie wankte, konnte aber stehen. Das Wasser hatte Zeit, denn der Anblick der angeschwollenen Gebärmutter bereitete mir wirkliche Kopfschmerzen. Mit 4 Horden (Gittern) sperrte ich das Schaf ab und versucht keine Hektik aufkommen zu lassen. Die „angeschlagene“ Dame sollte keine schnellen Bewegungen machen. Sie war schwach und wollte eigentlich nur liegen – dass war ok. Nun holte ich meinen „Medizinkoffer“, große Mülltüten und einen Eimer kaltes Wasser. Die Lämmer legte ich an den Rand und auch da schoss mir der Gedanke durch den Kopf: das Zweite schafft es bestimmt auch nicht. Während ich die Mutter am Boden hielt, schob ich unter die Gebärmutter eine große Plastikfolie. Dann spülte ich das „Ganze“ vorsichtig mit reichlich kaltem Wasser ab, um den Dreck zu entfernen. Wichtig ist dabei, das Wasser muss unbedingt kalt sein, damit sich die Gebärmutter wieder zusammen zieht. Ich habe aber sofort gesehen, „bei dieser angeschwollenen Gebärmutter brauchst du Hilfe“. Also das Telefon ans Ohr, um meinen Tierarzt aus dem Bett zu werfen. Dieser fleißige Mensch war aber auch schon auf Arbeit, ein Notfall im Rinderstall.

„Wenn ich hier fertig bin, komme ich sofort. Es dauert nicht mehr lange“. – sagte er.

In der Zwischenzeit habe ich die zwei Lämmer untersucht, die Mutter beruhigt, die Gebärmutter kalt gespült und dann versucht das Wasser für die restliche Truppe, wieder in Gang zu setzen. Als es mit dem Tierarzt doch länger dauerte, warf ich einen Blick hinter den Stall, zu den anderen Ladys. Wie konnte es an diesem Tag anders sein – auch hier eine Überraschung: Zwei Geburten mit drei Lämmer. Die Zwillinge waren aber von einer Erstgebärenden, die einen leicht verwirrten Eindruck machte. Na toll, „dass passt ja gerade gut“…

Wenn ich sicherstellen will, dass sie ihre zwei Lämmer problemlos annimmt, muss ich sie sofort einfangen und gemeinsam mit ihren Babys in einer Box unterbringen, damit sie eine Bindung entwickeln. Das Wasser eingefroren, die „Käferstellung“ wankt noch immer durch den Stall, ein totes und unterentwickeltes Lamm sowie eine erschöpfte Mutter mit einer daneben liegenden Gebärmutter …und ich „flitzte“ nun über die Weide, um eine verstörte Mutter einzufangen. Zuerst habe ich es mit den Lämmern versucht, doch die Zwillingsmutter war noch so durcheinander, dass sie ihren Babys nicht folgte, also die schweißtreibende Variante.

Noch während ich das Trio in ihrem neuen zu Hause unterbrachte, traf der „Gesundmacher“ ein. Sein sorgenvoller Blick auf die Gebärmutter, trug nicht gerade zu meiner Beruhigung bei. „Das wird schwierig, sie ist stark angeschwollen“, waren seine ersten Worte. (Soweit war ich auch schon)

Lamm Zeit, Gebärmuttervorfall und andere aufregende „Ereignisse“

Lamm Zeit, Gebärmuttervorfall und andere aufregende „Ereignisse“

Der „Gesundmacher“

Handschuhe, Gleitmittel, viel kaltes Wasser und sie muss unbedingt hinten hoch, sonst kriegen wir die Gebärmutter nicht wieder zurück… Also postierten wir das bedauernswerte Tier mit Strohballen und allem was wir zur Verfügung hatten, in eine ungewöhnliche und bestimmt belastende Position, aber die Alternative war der Tod. Ich finde, ein überzeugendes Argument. In dieser Position, den Hintern weit nach oben gestreckt, begannen wir mit dem „Unmöglichen“. Eine viel zu groß gewordene Gebärmutter wieder zurück zu schieben. Ich darf euch versichern, keine schöne „Mission“ und nichts für zartbeseidete Gemüter.

Im ersten Versuch gelang es nicht, also eine Pause, weiter kalt spülen und erneut ans „Werk“. So verging die Zeit und zwischendurch hatte ich schon mal die Befürchtung, dass der Kreislauf von unserem Sorgenkind zusammenbricht. Aber sie hielt durch. Nach gefühlten 10 Stunden hatten wir es geschafft. Nach einigen „Zaubermittelchen“, andere würden Aufbau Präparate sagen und einer nun gut hergerichteten Box, entließen wir die tapfere Dame in die verdiente Ruhe. Sie machte aber einen so geschwächten Eindruck, dass meine Sorgenfalten nicht kleiner wurden.

Als ich am frühen Nachmittag nach all meinen Patienten schaute, war die Mutter mit der „Käferstellung“ etwas stabiler, der Zustand der Mutter mit den zwei neu geborenen Lämmern unverändert verwirrt und die tapfere Dame mit der schwierigen OP war noch immer geschwächt. Ich hatte vorsichtshalber für ihr zweites unterentwickeltes Lamm eine Trinkflasche mitgebracht, doch leider war es nun tot. Die Natur ist ein Kreislauf, hat ihre ganz eigenen Regeln und verdient unseren Respekt, auch wenn uns ihre Wege manchmal nicht gefallen. Denken wir immer daran: wir sind nur kurz zu Gast.

…was für ein Tag!

Nachtrag: Bis auf die zwei unterentwickelten Lämmer, sind heute alle Sorgenkinder, von diesem Tag, wohl auf und freuen sich des Lebens. Doch wo war die Schäfer-Romantik? An diesem Tag hatte sie wohl gerade frei.

Ich die Heidschnucke Jule

Es gibt Tiere, die sind so besonders, dass man lange über diese vierbeinigen Individualisten nachdenken muss  – weil wir beeindruckt sind. Jule gehört dazu, denn sie ist „irgendwie“ anders als andere Schafe. Dieser kleine Pfiffikus war schon als Lamm außergewöhnlich, oder haltet ihr es für „normal“, wenn sich ein kleines Lamm mit Hunden anfreundet und lieber mit der Hündin Shana spielt, als mit ihren Schafkumpels? Ok, in den ersten Monaten hatte sie eigentlich nicht die Wahl, denn als Flaschenlamm geht man sowieso andere Wege. Das „Julchen“ ist schon was Besonderes, aber lest am besten selbst, was sie zu berichten hat.

Jule
Ich bin gerade umgezogen und hab schon so einiges erlebt, aber im Moment geht alles drunter und drüber, denn nach und nach verschwindet meine ganze Familie von der Weide. Neun Jahre war es unser Zuhause, wir haben nicht gerade in Saus und Braus gelebt, denn irgendwie hat der Bauer immer an uns sparen wollen, aber es war unser Zuhause. Sorry, eigentlich sollte ich mich erst mal vorstellen. Mein Name ist Jule und ich mag nicht nur meine Truppe, sondern auch Hunde, Pferde, Hühner und „Zweibeiner“  – einige zumindest.

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Moment, Moment, ich kann grad nicht, der neue Bauer kommt, mit einem Eimer. Das Futter kannte ich noch gar nicht. Er schüttet es aus einem Sack in den Eimer und dann komm er zu uns. Schnell, schnell, damit mir die anderen das nicht alles wegfressen.

So, alles aufgefressen, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei Pferden, Hühnern und Zweibeinern. Geboren wurde ich am 27.März 2007 in der Nähe von Hildesheim. Gleich nach meiner Geburt begannen bereits die ersten Abenteuer. Wir waren zwei Geschwister und ich die erste. Frisch geboren, stand ich sofort auf und tapste los. Wohin? dass wusste ich auch nicht, eben los in die Welt. Danach erblickte mein Bruder das Sonnenlicht. Nur dumm, als mich ein Zweibeiner wieder zurück brachte, erkannte mich meine Mutter nicht mehr und ich stand allein da. Das war hart. Mamma wollte nicht und die anderen Mütter auf der Weide waren auch nicht nett zu mir. In meinem Unglück, stand plötzlich „Zweibein“ Jasi vor mir. Sie nahm mich auf den Arm und brachte mich in eine fremde Welt. Ein Wunder, denn nun bekam ich zu meiner Mama, noch drei weitere dazu: Jasi, Christiane und die Hündin Shana. Was hatte ich für ein Glück, viele Mamas, Futter und Spielgefährten  – doch meine Truppe fehlte mir schon.

Meine vierte Mama Shana

Was ich in den nächsten drei Monaten erlebte, waren spannende Abenteuer. Ich folgte ganz einfach immer meiner Shana und es machte riesen Spaß. Wir waren unzertrennlich, streiften gemeinsam über den Hof und entdecken gemeinsam viel wundersame Dinge.

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Am liebsten lag ich in meiner Pferdebox und hatte das Futter für mich ganz allein. Morgens holte mich Shana zu Entdeckungstouren ab und abends machte ich mich in meiner Box zwischen all den Pferden „breit“. So hätte es immer weiter gehen können, wenn da nicht immer wieder die Frage aufkam: Ein Zweibeiner bin ich nicht, aber auch kein Hund oder Pferd. Irgendwas muss es da doch noch geben, die so aussehen wie ich. Nach drei Monaten, auf einer „Wandertour“ sah ich sie wieder und war ganz aufgeregt  – meine Truppe.

Nach vier Wochen war es dann soweit, ich kam zurück in meine alte Familie. Der mächtige Bock kam gleich angedonnert und plusterte sich auf, als wolle er mir sagen: „Hey, du kennst mich ja noch, ich bin der Chef.“ Als frisch geborenes Baby hatte er mich einige Male böse angeboxt, doch nun beließ er es nur bei Drohungen. Ich musste vorsichtig sein, aber nach einigen Wochen war ich aufgenommen. Mit sechs Monaten ging es mir plötzlich ganz schlecht. Mir war schwindelig, ganz übel und bin aufgeblasen wie ein Fußball. Sollte es das wirklich schon gewesen sein? auch jetzt stand plötzlich wieder das „Zweibein“ Jasi vor mir, packte mich in ihre „Kutsche“ und fuhr zu einem „Gesundmacher“. Was soll ich sagen, nach einiger Zeit ging es mir wieder besser. Toll.
So vergingen wieder einige Jahre. Die Truppe war mein Zuhause, vom Bauern bekamen wir zwar wenig Futter, aber immer wenn er im Urlaub war, hatten wir eine gute Zeit, denn die „Zweibeiner“ Jasi und Christiane versorgten uns dann mit gutem Fressen. Diese Wochen waren für unsere kleine Welt besonders schön.

Nach einem Gebärmuttervorfall (wegen eines zu großen Babys) stach mir 2014 eine „bösartige“ Granne ins Auge. Ich konnte nichts mehr sehen und es hat schlimm gebrannt. Der Gesundmacher sagte: „Das Auge ist trüb und die Linse ist auch nicht mehr zu sehen,  die Chancen stehen ehrlich gesagt nicht gut“. Auch da haben mir die beiden „Zweibeiner“ wieder geholfen. Sie kamen fünf Mal am Tag zu unserer Wiese und rieben mir etwas ins Auge. Ich hatte Glück, denn die Zweibeiner haben mein Auge gerettet  – die Welt war wieder schön.

So lebten wir alle glücklich und zufrieden (bis auf das Futter) und hofften, dass alles immer so bleiben würde, bis …ja bis der „Chef“ abgeholt wurde. Wir haben uns nie sonderlich gut verstanden, aber er gehörte dazu. Irgendwas passierte, aber wir wussten nicht was. Es dauerte nicht lange, dann wurden auch Frieda, Tante Luise und meine Mutter abgeholt. Nun war ich mit vier Lämmern auf unserem Platz allein und machte ich mir Sorgen. Die Welt der „Zweibeiner“ ist schon komisch, jeder macht was anderes und nie sind sie zusammen, so wie wir.

Abschied

Während ich so über den Sinn des Lebens und die „Zweibeiner“ nachdachte, standen wieder drei auf unserem Platz. Meine zweite und meine dritte Mama und dann noch ein Fremder, der neuer Bauer. So wie ich sie verstanden habe (aber sie wissen natürlich nicht, dass ich sie verstehe). Sollte nun auch ich umziehen? Mein zu Hause verlassen? Ok, wenn Jasi und Christiane es sagen, muss es gut sein. Tschüss ihr Lämmer, ich muss auf Reisen gehen.

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Mein neues Zuhause ist ganz anders, der Bauer gibt uns mehr Futter und die Herde ist viel größer. Ich vermisse meine alte Truppe, aber auch hier werde ich Freunde finden. Lotte und „26“ sind nett zu mir und der „Rest“? Na-ja, mit dem „Rest“ werde ich auch klar kommen.

Liebe Grüße aus Nienburg
Eure Jule

Viele Dank an: Jasemin Be, Christiane, Ramona Deppe, Franziska Rust, Daniela Wölki, Birte Bu, Birgit Rust, Siegrun Bettels und ganz vielen anderen, die sich um Jule gesorgt oder gekümmert haben. Von Jules alter Truppe lebt jetzt keiner mehr, aber dass verraten wir ihr nicht.

Schächten – was ist das für ein „Scheiß“

Schächten, ein heikles Thema  – wieso eigentlich?
Meine Tiere werden nach bestem Wissen und Gewissen umsorgt. Mit meinen bescheidenen Mitteln versuche ich, ihnen ein artgerechtes Leben zu ermöglichen und freue mich, wenn meine Damen ruhig und zufrieden auf ihren Weiden stehen.  Da haben sich doch die Mühen im Winter und in der Lammzeit gelohnt. Es macht mich einfach glücklich, wenn meine kleine Herde sich intensiv um die Kürzung der Graslänge kümmert. Ein tolles Bild.

Es vergeht aber keine Woche, in denen nicht Autos gaaanz langsam an meinen Mädels vorbei fahren und sie in Augenschein nehmen. Da fällt mir doch Hänsel und Gretel ein: strecke mal den Finger durch das Gitter, bist du schon fett? Oft biegen sie in die Straße zu meinem Kloster ein und halten neben mir. „Du verkaufen Schafe?“ höre ich dann als nächstes. Eigentlich sollte es mich ja freuen, dass so großes Interesse an  meinen Tieren besteht, aber leider liegt hier die Sache ganz anders. Ich bin grundsätzlich allen Religionen positiv aufgeschlossen und jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden, aber schonender und respektvoller Umgang mit Tieren gehört nun mal zu meiner Lebensphilosophie. Genau diese Lebensphilosophie deckt sich nicht mit den wöchentlichen Fragen:

„Du verkaufen Schaf ? “

Scottish Blackface Lämmer Ⓒ Jasemin Be

Scottish Blackface Lämmer Ⓒ Jasemin Be

Hier geht es aber eigentlich nicht um den Verkauf, sondern um die Art und Weise wie mit meinen Tieren nach dem Verkauf umgegangen wird. Stichwort. Stressfreie und vor allem schmerzlose Tötung und nicht Schächten. Für alle die sich damit noch nicht auseinander gesetzt haben, das ist möglich. Dies Thema kann aber nur zufriedenstellend umgesetzt werden, wenn sich zu Fachkenntnis auch ein grundlegender Respekt gegenüber diesen Tieren dazugesellt. Doch in einigen Kulturen gelten viele Tiere als „unrein“ oder „minderwertig“. Stellt euch doch ganz einfach mal die Frage: „wieso waren dann diese Tiere bereits Millionen Jahre vor uns Menschen da?“ Ich würde sagen, Biologie nicht aufgepasst  – 5 setzen.

Doch die 5 in Biologie nützt mir nix, denn sie stehen vor meinen Tieren. „Schaf verkaufen?“
Den einzigen, den ich meine Schafe lebend verkaufe, ist die Schäferei Rose. Ein alter Familienbetrieb, bei dem der Sohn den Betrieb übernommen hat. Er geht toll mit seinen Tieren um. Respektvoll, fürsorglich und immer auch mit einem Hauch von Bewunderung. Ich möchte nicht andere Kulturen verurteilen, denn beim Thema Massentierhaltung und „Tierfabriken“ sind wir in der Welt Vorreiter, aber meine Tiere lebend in den Kofferraum eines PKWs zu verladen, kommt bei mir so gar nicht in Frage. Was passiert dann zu Hause? Muss ich das wirklich in allen Farben ausmalen? Es geht aber noch schlimmer. Damit das viele Blut nicht hinter dem eigenen Haus verteilt wird, bekam ich doch tatsächlich den Satz zu hören: „Verkaufen Schafe, können hier schlachten“? ( Schächten )

Was ist das für ein „Scheiß“.

Leute, in euren Ländern kann ich das leider nicht verhindern, aber bei uns bitte nicht. Berufsschäfer kümmern sich in einem 14 Stunden Tag liebevoll um ihre Herden und Schafzüchter mit 30, 50 oder 100 Tieren haben meist eine noch engere Bindung zu ihren Schützlingen. Da ist die Frage nach einer Schächtung, auf der eigenen Weide schon üble Beleidigung.

Kauft das Fleisch doch bitte ganz einfach in einer Schlachterei und alle sind zufrieden.

Border Collie bei der Arbeit – oder der ganz normale Wahnsinn

Immer wenn wir glauben, dass geht schnell, wir haben alles im Griff, lauert bereits der „Wahnsinn“ hinter der nächsten Ecke. Border Collies bei der Arbeit heißt meistens, Schafe auf eine andere Weide umtreiben. Das ist ok und diesen Job beherrschen sie wie kein anderer „Kollege“. Die Herde zusammenhalten, nachtreiben, Ausreisser zurückholen oder eine Flanke absichern, so läuft das auch bei mir auf dem Kloster. Doch zuweilen passieren „Dinge“, die uns das Herz in die Hose rutschen lassen und an diesem Tag hatte ich zum ersten Mal wirklich Angst um das Leben meiner Abby.

Schafe umtreiben Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Schafe umtreiben Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Zunächst verlief wieder alles wie geplant, bis zu dem Zeitpunkt, als meine Truppe (90 meiner 120 Schafe) die neu abgesteckte Fläche betraten. 15 unerfahrene Lämmer von „The Next Generation“ liefen etwas seitlicher und blieben nicht wie vermutet bei ihren Müttern. Die große Truppe „donnerte“ also innen und die Kleinen außen am Zaun entlang. Alles natürlich im gesteckten Galopp. Verdammt, dachte ich, so war das jetzt nicht geplant. Diese Weide reicht bis an die Hauptstraße und genau in diese Richtung liefen sie wie von der Tarantel gestochen. 75 innen und 15 außen. „Normaler Weise“ hält Abby die Schafe immer an und bringt sie zurück, aber 15 Lämmer in voller Fahrt von ihren Müttern zu trennen, eine schwierige Mission. Bei all dem hatte ich natürlich auch noch keinen Strom auf dem Zaun und hoffte, dass die Damen wegen ihrer fehlenden Lämmer keinen Unsinn machten. Irgendwie lief alles langsam aus dem Ruder und wer hatte Schuld? Natürlich PAN, der Gott aller Hirten. Dieser stressige Kerl hat mal wieder ganze Arbeit geleistet und aus „nix“ eine große Aktion gemacht.

The Next Generation Ⓒ Jasemin Be

The Next Generation Ⓒ Jasemin Be

90 Schafe wie Raketen in Richtung Hauptstraße unterwegs, mein Hund hinterher und ich im Übergang in einen panischen Zustand. Man soll ja immer Ruhe bewahren, aber dieser Anblick war alles andere als „beruhigend“.

Nicht nur das meine Haupt-Truppe am Zaunende der Bundesstraße ankam, sondern nun auch noch der Absperrung entlang der Straße lief. Dies war ja kein Problem, nur die 15 Lämmer waren außerhalb auf dem schmalen Grünstreifen zwischen Straße und Zaun …inkl. meiner Abby. Falls jemand auf den Gedanken kommen sollte, dass sie den Verkehr blockierten, nein, alle Fahrzeuge fuhren unbeirrt weiter. Nun war es mit meinem Vorsatz, immer Ruhe zu bewahren, endgültig vorbei. Nicht, dass dies alles schon schlimm genug gewesen wäre, versuchte auch noch eines der Lämmer mit aller Macht durch den E-Zaun zu seiner Mutter zu gelangen und hing darin fest. Das Chaos war perfekt. 75 aufgebrachte Tiere innen, ein Lamm im Zaun, 14 panische Lämmer vor dem Zaun auf dem schmalen Grünstreifen und meine Abby zwischen den Lämmern und der Straße. Von den vorbeifahrenden Autos war mein Hund jetzt noch 50 cm entfernt. Falls es den PAN wirklich gibt und er auch hier seine Hände im Spiel hatte, so muss ich ihn jetzt leider verhauen. Pfeif auf Gottheit oder nicht, denn meine Abby schwebte tatsächlich in Lebensgefahr. Bei all dem Durcheinander durfte sie sich keinen Zentimeter bewegen, sondern NUR langsam vorwärts zwischen die wild gewordenen Lämmer gehen. Ich holte tief Luft, und sprach so ruhig es nur irgendwie ging auf meine Abby ein
…und sie vertraute mir.

Danach stellte ich mich mitten auf die Straße, hielt mit quietschenden Bremsen und Verkehrschaos   den kompletten Verkehr an und brachte die Lämmer zurück in die große Gruppe.

Der ganz normale Wahnsinn.

Border Collie Ausbildung – Abby & May

Beim letzten Training hat Jasemin Be einige Fotos von uns geschossen …und es hat gar nicht wehgetan. Fotos habe immer ein gewisse „Magie“. Sie sind eine Momentaufnahme aus dem Leben  -„meinem“ Leben. Es ist wirklich erstaunlich, wie sich der Blick auf manche Ding so völlig anders darstellen kann, als man sie selbst wahrgenommen hat. Bei  jeder Fotosession  gibt es viele Blickwinkel und Wahrheiten.

Hier nun die Wahrheiten der Fotografin Jasemin Be:

May, 10 Monate Ⓒ Jasemin Be

May, 10 Monate Ⓒ Jasemin Be

May, erstes Training Ⓒ Jasemin Be

May, erstes Training Ⓒ Jasemin Be

Abby, Einpferchen Ⓒ Jasemin Be

Abby, Einpferchen Ⓒ Jasemin Be

Abby bei der Arbeit Ⓒ Jasemin Be

Abby bei der Arbeit Ⓒ Jasemin Be

Flaschenlamm 2016 Ⓒ Jasemin Be

Flaschenlamm 2016 Ⓒ Jasemin Be

Scottisch Backface, meine „Mädels“ Ⓒ Jasemin Be

Scottisch Backface, meine „Mädels“ Ⓒ Jasemin Be

Job erledigt Ⓒ Jasemin Be

Job erledigt Ⓒ Jasemin Be

Mehr als Kollegen Ⓒ Jasemin Be

Mehr als Kollegen Ⓒ Jasemin Be

Tolle Aufnahmen, wobei  jedes Foto seine eigne Geschichte erzählt  – aber darum geht es ja auch. Vielen Dank an die Fotografin Jasemin Be, für diese 8 Momentaufnahmen (aus einer ganzen Serie), die so nie wiederkehren.

 

 

Scottish Blackface -das 1.Lamm

Das 1.Lamm ist jedes Jahr etwas Besonderes. Ich habe schon einige Lammzeiten erlebt, zolle aber jedes Mal Respekt, wie souverän meine Mädels dies meistern. Bekanntlich ist die Geburt kein Spaziergang und wir alle sollten immer daran denken, was die Damen leisten. Ein Wunder der Natur und doch „nur“ ein Kreislauf! Ich bin jedes Jahr glücklich, dass ich an diesem Wunder teilhaben darf und schaue mit Hochachtung auf Berufsschäfer, die für 1.000 Lämmer verantwortlich sind. In der heutigen hektischen Zeit, helfen wir nicht diesen Tieren, sondern sie helfen uns. Sie helfen uns, die Bodenhaftung nicht zu verlieren und einen klaren Kopf zu behalten. Sie erinnern uns daran, dass auch wir nur ein Teil des Kreislaufs sind. Größenwahn, Arroganz und Oberflächlichkeit funktionieren hier nicht -denn das ist die wirkliche Welt.

Lamm /Scottish Blackface Ⓒ Hardi Schaarschmidt

Lamm /Scottish Blackface Ⓒ Hardi Schaarschmidt

Nun könnte der eine oder andere auf den Gedanken kommen, das geht mich nichts an, das ist nicht meine Welt. Lasst es mich so beschreiben:  würde das stimmen, währt ihr aus dem Sternbild Kassiopeia, Pegasus oder Andromeda, aber nicht von unserer Erde. Bei uns hängt alles zusammen, auch wenn wir diese Tatsache zeitweise ignorieren. Wer kann schon sagen, wo uns die Wege noch hinführen. Nichts ist unmöglich. Beethoven zum Beispiel, war bereits als Kind an der Musik interessiert  -nur sein Umgang mit der Geige, alles andere als perfekt. So bereitetes es ihm große Schwierigkeiten, fremde Kompositionen nach zu spielen. Um an seiner Leidenschaft festhalten zu können, fing er an, selbst zu komponieren und schuf eigene Werke. Sein Musiklehrer sagte damals über ihn „ Als Komponist ist Beethoven hoffnungslos“. Das Blatt hatte sich aber für Beethoven gewendet, denn er wurde zu einem der bekanntesten Komponisten der Welt.