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Ruhm, Ehre und Geld

Anne Krüger, Eckhard Sievers, oder Serge van der Zweep sind Border Collie „Dirigenten“, was ist aber an diesen „Dirigenten“ so anders? Sind sie genial? Quatsch, natürlich nicht. Wobei Serge van der Zweep schon in einer ganz besonderen Liga spielt. Aber Vorsicht, bei manchen Supertalenten gilt meine „Albert Einstein-Regel“. In dieser einen Sache sind sie außergewöhnlich, fantastisch und unglaublich, aber im normalen Leben manchmal recht gewöhnungsbedürftig. Albert Einstein war in seinem Fach ein Genie, als Mensch und Familienvater „gewöhnungsbedürftig“ bis mangelhaft.

Ich will damit sagen, diese “Border Collie Einsteins“ kochen im normalen Leben auch nur mit H²O und  nur in dieser speziellen „Disziplin“ laufen sie übers Wasser. Wenn aber respektvolle Wertvorstellungen, Erfahrung und dieses außergewöhnliches Talent aufeinander treffen, ist das schon etwas Besonderes und formt außergewöhnliche Menschen. Leider treffen diese drei Umstände nur sehr selten aufeinander, sondern gehen sich meist wie Erzfeinde aus dem Weg. Auf Beispiele möchte ich an dieser Stelle besser verzichten, sonst ernte ich zahlreiche „Unmutsbekundungen“. Das zu unterlassen hat mir eine leise Stimme ins Ohr geflüstert  …die aber nichts mit Kobolden zu tun hat, sondern hinter einem Schreibtisch mit vielen Aktenbergen sitzt.

…na, ihr wisst schon.

Jeder lehne sich einmal auf seinem Stuhl zurück und denke an sein Umfeld. Betrachtet ganz neutral das Leben der kennengelernten Border Collie Spezialisten, denn nur das ganze Bild verkörpert sein handeln. Egal was dabei herauskommt  (Überraschung inklusive), ihre besondere Art mit diesen vierbeinigen Kollegen umzugehen bleibt bestehen.

Border Collie bei der Arbeit   www.schaf-land.de

Border Collie bei der Arbeit www.schaf-land.de

Jubeln wir also nicht blind, sondern freuen uns, dass wir auch solche Border Collie Dirigenten unter uns haben. Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen, aber halten wir es doch wie mit der Ausbildung unserer Hunde: stärke die Stärken. Meine drei Beispiele machen da keine Ausnahme. Anne ist eine begnadete Tiertrainerin, Eckhart hat den uneingeschränkten Leistungswillen und Serge hat ein außergewöhnliches Gefühl für diese außergewöhnlichen Hunde. Es gibt aber auch Hundeführer, die lassen für Wettkampf Punkte wirklich alles sausen, Familie, Ausbildung oder Beruf, manche sogar alle drei. Wofür? Für Ruhm, Ehre und Geld? Was den Ruhm betrifft, so zeigt uns die Statistik eine ernüchternde Zahl. Für die Trial-Ergebnisse interessieren sich ca. 0,00001 % unserer Bevölkerung. Dabei war ich schon sehr „großzügig“ und habe allen ABCD Mitgliedern (Arbeitsgemeinschaft Border Collie Deutschland) „unterstellt“, stets wissbegierig nach den neusten Trial-Ergebnissen zu fragen. Ich denke, Ruhm sieht anders aus. Die Ehre ist so eine ganz persönliche Angelegenheit und Wettkämpfe waren schon immer ein Schaufenster für die eigenen Ansprüche. Und Geld, was ist mit Geld verdienen? Trials kosten eigentlich nur Geld, aber ist man erfolgreich, könnten die eigenen Welpen besser verkauft werden oder man wird zu einem Seminar eingeladen. Ich staune immer wieder, wo jedes Jahr die vielen Welpen hingehen. Angeblich alle in beste Verhältnisse mit Arbeit am Vieh.

Irgendwie ein Wunder.

Ich sollte mal in Rom beim Vatikan nachfragen, die kennen sich ja mit Wunder gut aus. Haben wir da etwa bestätigte Wunder? Dann kann für Border Collie Züchter die Heiligsprechung beantragt werden.

Anne Krüger und Serge van der Zweep kämpfen mit einem ganz besonderem Phänomen, dass man sich „eigentlich“ erst hart erarbeiten muss: Übertriebene Kritik. Diese zwei „Überflieger“ haben es doch tatsächlich geschafft, von ihrem Talent gut leben zu können und dem zollen wir Respekt. Nun ist aber aus der begnadeten Tiertrainerin, unserer Anne, eine Geschäftsfrau geworden, die auf Trials leider nur noch sehr selten zu sehen ist. Das ist schade. Serge hingegen, hat seinen Kurs beibehalten und segelt als Kapitän auf seiner Erfolgswelle, soweit sie ihn trägt. Dieser Kurs hat ihm schon mehrfach den Titel „bester Handler“ eingebracht und hat mit seinen Hunden so ziemlich alles gewonnen, was man auf unseren blauen Planeten gewinnen kann.

Serge mit seiner Frau Ⓒ Serge van der Zweep

Serge mit seiner Frau Ⓒ Serge van der Zweep

Serge bildet nicht nur aus, sondern handelt auch mit Border Collies und  das lehne ich selbstverständlich reflexartig ab. Man sollte aber immer Fairness walten lassen und seine „Arbeit“ ganz neutral betrachten. Serge ist in der glücklichen Lage, sein großes Talent und seine Leidenschaft zu seinem Beruf machen zu können, wer möchte das nicht. Dieser „Wunderknabe“ muss also damit seinen Lebensunterhalt bestreiten. Das ist doch eine ganz andere Sache, als „nur“ seinen Idealen zu folgen. Die besten Trialisten in unserem Land sprechen voller Hochachtung von ihm und hoffen (im geheimen) irgendwann auch mal so gut wie Serge zu werden. Na-ja, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Dabei hat doch jeder seinen eigenen Weg und seine eigene Art mit diesen vierbeinigen Raketen umzugehen.

In dieser Szene gibt es viele Individualisten, mit denen der Umgang nicht immer ganz so einfach ist. Hierzu  habe ich von Anita Hermes eine wunderbare Umschreibung gehört  – obwohl Anita mit Sicherheit auch zu diesen Individualisten gehört. „Unsere Arbeit ist so speziell, dass sie nur von Individualisten bewältigt werden kann und solche Individualisten passen nun mal nicht mit jedem zusammen“.   (Anita Hermes)

Ok, diese Erklärung leuchtet uns ein, aber ich habe auch Weltklasse Trainer kennen gelernt, die alles andere als exzentrisch oder schwierig waren, im Gegenteil, sympathisch, unkompliziert und sehr bescheiden. Das erinnert mich irgendwie an die Welt der erfolgreichen Schauspieler. Warum? Da gibt es auch die „lieben und schwierigen“ oder die Tom Hanks und Klaus Kinskis  …das lässt mich dann doch wieder nachdenklich werden.

Wir stehen morgens auf und gehen abends ins Bett, dazwischen leben wir unser Leben. Wir erledigen kleine oder große Dinge und hin und wieder verhindern wir sogar Katastrophen. Kein Tag ist wie der andere, aber das ist gut so  – auch wenn wir mal falsche Entscheidungen treffen.

 

 

Ich die Heidschnucke Jule

Es gibt Tiere, die sind so besonders, dass man lange über diese vierbeinigen Individualisten nachdenken muss  – weil wir beeindruckt sind. Jule gehört dazu, denn sie ist „irgendwie“ anders als andere Schafe. Dieser kleine Pfiffikus war schon als Lamm außergewöhnlich, oder haltet ihr es für „normal“, wenn sich ein kleines Lamm mit Hunden anfreundet und lieber mit der Hündin Shana spielt, als mit ihren Schafkumpels? Ok, in den ersten Monaten hatte sie eigentlich nicht die Wahl, denn als Flaschenlamm geht man sowieso andere Wege. Das „Julchen“ ist schon was Besonderes, aber lest am besten selbst, was sie zu berichten hat.

Jule
Ich bin gerade umgezogen und hab schon so einiges erlebt, aber im Moment geht alles drunter und drüber, denn nach und nach verschwindet meine ganze Familie von der Weide. Neun Jahre war es unser Zuhause, wir haben nicht gerade in Saus und Braus gelebt, denn irgendwie hat der Bauer immer an uns sparen wollen, aber es war unser Zuhause. Sorry, eigentlich sollte ich mich erst mal vorstellen. Mein Name ist Jule und ich mag nicht nur meine Truppe, sondern auch Hunde, Pferde, Hühner und „Zweibeiner“  – einige zumindest.

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Moment, Moment, ich kann grad nicht, der neue Bauer kommt, mit einem Eimer. Das Futter kannte ich noch gar nicht. Er schüttet es aus einem Sack in den Eimer und dann komm er zu uns. Schnell, schnell, damit mir die anderen das nicht alles wegfressen.

So, alles aufgefressen, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei Pferden, Hühnern und Zweibeinern. Geboren wurde ich am 27.März 2007 in der Nähe von Hildesheim. Gleich nach meiner Geburt begannen bereits die ersten Abenteuer. Wir waren zwei Geschwister und ich die erste. Frisch geboren, stand ich sofort auf und tapste los. Wohin? dass wusste ich auch nicht, eben los in die Welt. Danach erblickte mein Bruder das Sonnenlicht. Nur dumm, als mich ein Zweibeiner wieder zurück brachte, erkannte mich meine Mutter nicht mehr und ich stand allein da. Das war hart. Mamma wollte nicht und die anderen Mütter auf der Weide waren auch nicht nett zu mir. In meinem Unglück, stand plötzlich „Zweibein“ Jasi vor mir. Sie nahm mich auf den Arm und brachte mich in eine fremde Welt. Ein Wunder, denn nun bekam ich zu meiner Mama, noch drei weitere dazu: Jasi, Christiane und die Hündin Shana. Was hatte ich für ein Glück, viele Mamas, Futter und Spielgefährten  – doch meine Truppe fehlte mir schon.

Meine vierte Mama Shana

Was ich in den nächsten drei Monaten erlebte, waren spannende Abenteuer. Ich folgte ganz einfach immer meiner Shana und es machte riesen Spaß. Wir waren unzertrennlich, streiften gemeinsam über den Hof und entdecken gemeinsam viel wundersame Dinge.

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Am liebsten lag ich in meiner Pferdebox und hatte das Futter für mich ganz allein. Morgens holte mich Shana zu Entdeckungstouren ab und abends machte ich mich in meiner Box zwischen all den Pferden „breit“. So hätte es immer weiter gehen können, wenn da nicht immer wieder die Frage aufkam: Ein Zweibeiner bin ich nicht, aber auch kein Hund oder Pferd. Irgendwas muss es da doch noch geben, die so aussehen wie ich. Nach drei Monaten, auf einer „Wandertour“ sah ich sie wieder und war ganz aufgeregt  – meine Truppe.

Nach vier Wochen war es dann soweit, ich kam zurück in meine alte Familie. Der mächtige Bock kam gleich angedonnert und plusterte sich auf, als wolle er mir sagen: „Hey, du kennst mich ja noch, ich bin der Chef.“ Als frisch geborenes Baby hatte er mich einige Male böse angeboxt, doch nun beließ er es nur bei Drohungen. Ich musste vorsichtig sein, aber nach einigen Wochen war ich aufgenommen. Mit sechs Monaten ging es mir plötzlich ganz schlecht. Mir war schwindelig, ganz übel und bin aufgeblasen wie ein Fußball. Sollte es das wirklich schon gewesen sein? auch jetzt stand plötzlich wieder das „Zweibein“ Jasi vor mir, packte mich in ihre „Kutsche“ und fuhr zu einem „Gesundmacher“. Was soll ich sagen, nach einiger Zeit ging es mir wieder besser. Toll.
So vergingen wieder einige Jahre. Die Truppe war mein Zuhause, vom Bauern bekamen wir zwar wenig Futter, aber immer wenn er im Urlaub war, hatten wir eine gute Zeit, denn die „Zweibeiner“ Jasi und Christiane versorgten uns dann mit gutem Fressen. Diese Wochen waren für unsere kleine Welt besonders schön.

Nach einem Gebärmuttervorfall (wegen eines zu großen Babys) stach mir 2014 eine „bösartige“ Granne ins Auge. Ich konnte nichts mehr sehen und es hat schlimm gebrannt. Der Gesundmacher sagte: „Das Auge ist trüb und die Linse ist auch nicht mehr zu sehen,  die Chancen stehen ehrlich gesagt nicht gut“. Auch da haben mir die beiden „Zweibeiner“ wieder geholfen. Sie kamen fünf Mal am Tag zu unserer Wiese und rieben mir etwas ins Auge. Ich hatte Glück, denn die Zweibeiner haben mein Auge gerettet  – die Welt war wieder schön.

So lebten wir alle glücklich und zufrieden (bis auf das Futter) und hofften, dass alles immer so bleiben würde, bis …ja bis der „Chef“ abgeholt wurde. Wir haben uns nie sonderlich gut verstanden, aber er gehörte dazu. Irgendwas passierte, aber wir wussten nicht was. Es dauerte nicht lange, dann wurden auch Frieda, Tante Luise und meine Mutter abgeholt. Nun war ich mit vier Lämmern auf unserem Platz allein und machte ich mir Sorgen. Die Welt der „Zweibeiner“ ist schon komisch, jeder macht was anderes und nie sind sie zusammen, so wie wir.

Abschied

Während ich so über den Sinn des Lebens und die „Zweibeiner“ nachdachte, standen wieder drei auf unserem Platz. Meine zweite und meine dritte Mama und dann noch ein Fremder, der neuer Bauer. So wie ich sie verstanden habe (aber sie wissen natürlich nicht, dass ich sie verstehe). Sollte nun auch ich umziehen? Mein zu Hause verlassen? Ok, wenn Jasi und Christiane es sagen, muss es gut sein. Tschüss ihr Lämmer, ich muss auf Reisen gehen.

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Ich die Heidschnucke Jule Ⓒ Jasemin Be

Mein neues Zuhause ist ganz anders, der Bauer gibt uns mehr Futter und die Herde ist viel größer. Ich vermisse meine alte Truppe, aber auch hier werde ich Freunde finden. Lotte und „26“ sind nett zu mir und der „Rest“? Na-ja, mit dem „Rest“ werde ich auch klar kommen.

Liebe Grüße aus Nienburg
Eure Jule

Viele Dank an: Jasemin Be, Christiane, Ramona Deppe, Franziska Rust, Daniela Wölki, Birte Bu, Birgit Rust, Siegrun Bettels und ganz vielen anderen, die sich um Jule gesorgt oder gekümmert haben. Von Jules alter Truppe lebt jetzt keiner mehr, aber dass verraten wir ihr nicht.

„Sei stets bereit für das Unerwartete“.

Von Anne Krüger, über Hans-Jürgen Werbke, bis hin zu Birgit Bethmann, alle hatten einmal Schockmomente.

Kontrolle, dass muss wohl unser aller heimlicher oder unheimlicher Wunsch sein. Dumm nur, dass dies immer ein frommer Wunsch bleiben wird. Warum? Ganz einfach, weil das Leben nach seinen eigenen Regeln spielt. Wir können zwar in manchen Bereichen die Regeln etwas verändern, aber den tatsächlichen Stundenplan kennen wir nicht und es passieren Dinge, über die man im günstigsten Fall einfach nur den Kopf schütteln kann. Ich bezeichne jeden Tag gern als eine Wundertüte, denn ganz besonders bei der Arbeit mit Tieren, sind Überraschungen das eigentliche Programm. Es soll aber jeder gern an seiner Illusion festhalten, er habe alles unter Kontrolle. Meine Erkenntnis sieht da ganz anders aus. „Sei stets bereit für das Unerwartete“.

Diejenigen, die „versuchen“ ihr ganzes Leben bis in jede Einzelheit zu planen und „immer“ perfekt unter Kontrolle haben wollen, sind entweder Bürokraten, die keinen Spaß am Leben haben oder ganz einfach weltfremd. Klar sollten wir eine gewisse Ordnung halten und selbstverständlich sollten wir vorausschauend handeln, aber hey, das Leben ist kein Taschenrechner  – digital und immer korrekt. Es ist schön und lebenswert, aber auch mies und unfair.

Hier einige wundersame Überraschungen, die uns den Kopf schütteln lassen.

Anne Krüger

Anne Krüger Ⓒ noz

Anne Krüger Ⓒ noz

Anne und ihr Mann trieben ihre 600 Scottish-Blackface-Schafe entlang einer Nebenstraße um. Alles ist geplant, jeder weiß genau, was zu tun ist und alles wurde auch schon viele Male durchgeführt. Nie ist etwas passiert, doch an einem Tag trauten sie ihren Augen nicht. Dessen ungeachtet die Straße vollkommen von Schafen ausgefüllt war und die Herde vorn wie hinten Begleiter hat, fährt ein wild gewordener Autofahrer mitten hinein, um sich seinen Weg zu erzwingen. Er hatte es eilig. Voller Entsetzen und natürlich wütend, schlug Annes Mann mit dem Hütestock auf seine Motohaube, bis er mitten in der Herde zum Stehen kam. Ihr seht, nicht nur unser Erfindungsreichtum kennt keine Grenzen, sondern auch unsere Dummheit.

Hans-Jürgen Werbke

Hans-Jürgen Werbke Ⓒ Anja Winar

Hans-Jürgen Werbke Ⓒ Anja Winar

Der Border-Collie-Trainier und Wettkämpfer, Hans-Jürgen Werbke, kaufte sich eine Hündin, die nur wenige für so hoffnungsvoll angesehen hatten, dass sie mit ihrem Talent Siege erringen könnten. Doch er sah diese Hündin „Jill“ anders. Arbeitetet, trainierte und kommunizierte mit ihr und schon nach kurzer Zeit wurde dieses Team Deutscher Meister. Nach der Freude, über das erfolgreiche Trainingsprogramm, der Schock, sie hatte einen bösartigen Tumor. Jill musste eingeschläfert werden.  Unfassbar!

Trial in Kulmbach

Auf einem Trial in Kulmbach welcher mir ziemlich viel Spaß gemacht hat (Viele Grüße nach „Oberfranken “), stand ein Team voller Zuversicht am Startpfosten, doch der Handler wusste nur noch nicht, dass er sich in 30 Sekunden vor Staunen die Augen reiben wird. Die Schafe wurden gestellt, standen zur „Abholung“ bereit und der Handler gab das Kommando zum Outrun. Wow, lief der Hund schnell los, doch leider nicht zu den Schafen, sondern direkt und auf schnellstem Weg in den Wald -…und da blieb er auch. Mit aufgerissenen Augen stand der Handler noch immer regungslos am Startpfosten und war sprachlos. Der Hund hatte wohl andere Pläne.

Kerstin Doppelstein

Schäfermeisterin und studierte Biologin Ⓒ Kerstin Doppelstein

Schäfermeisterin und studierte Biologin Ⓒ Kerstin Doppelstein

Eine große Überraschung erlebte auch Berufsschäferin Kerstin Doppelstein. Die von mir sehr geschätzte Idealistin trieb ihre Hauptherde von 650 Tieren um und alles lief wie immer, ohne Hektik, Stress oder sonstigen Überraschungen. Alles war „unter Kontrolle“.
Plötzlich schreckten die Schafe zusammen, ohne jegliche Vorwarnung oder Ankündigung und sofort setzten sich 650 Damen in Bewegung. Nur das die Mädels nicht nur ins Laufen kamen, sondern schneller und immer schneller wurden, bis sie in einem Katapultstart alle in Endgeschwindigkeit unterwegs waren. Das alles war schon schlimm genug,  aber die ganze Herde bewegte sich in beängstigender Geschwindigkeit auf eine stark befahrene Bundesstraße zu. Kerstin war geschockt und musste sich erst mal sammeln, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Ihr blieb aber nicht viel Zeit, um eine Katastrophe abwenden zu können. Glücklicherweise hatte sie an diesem Tag mehr Hunde mit dabei als üblich und nur einen Gedanken „Die müssen die Herde stoppen“. Sie machte blitzschnell alle Hunde los und gab ihnen das Kommando, die wild gewordene Truppe aufzuhalten. Alle Schäferhunde „donnerten“ los. Wobei man wissen muss, bei über 650 Schafen müssen die Hunde von Kerstin anders arbeiten, als wir es von unseren Border Collies gewohnt sind. Von ihren 10 Hunden sind einige, sagen wir mal vorsichtig, „nicht nett“ und für Außenstehende recht gewöhnungsbedürftig, aber in diesem Fall die „Rettung“.

Doch wieder zurück  zur „Schaf-Lawine“, die in Endgeschwindigkeit auf die stark befahrene Bundesstraße zu galoppierte. Die losgelassenen Hunde preschten wie von der Tarantel gestochen in Richtung Herdenspitze und wurden von Kerstins panischem Gebrüll angetrieben. Sie erreichten tatsächlich die ersten Schafe bevor sie die Bundesstraße überqueren konnten und stellten sich mit wirklich beängstigender Aggressivität vor die Herde. Diese Hunde müssen auf die Schafe derart schockierend gewirkt haben, dass sie abrupt stoppten und die Katastrophe ausblieb. Es glich einem Wunder, denn die Hunde haben geschafft, was eigentlich nicht zu schaffen war. Ein „Schockerlebnis“, an das Kerstin Doppelstein noch lange denken wird.

Birgit Bethmann

Birgit Bethmann /Connor Ⓒ Birgit Bethmann

Birgit Bethmann /Connor Ⓒ Birgit Bethmann

Die Agility-Sportlerin, Birgit Bethmann, aus Liebenau in Niedersachsen, befand sich am 19. Oktober 1996 mit ihrem Hund Connor auf einem Turnier in den Dortmunder Messehallen. Sie versuchte gerade abzuschalten, was bei solchen Events alles andere als leicht ist. Da schallte durch den riesigen Komplex eine Durchsage: „Die Starterin Birgit Bethmann melde sie sich bitte umgehend in der Zentrale. Starterin Birgit Bethmann bitte in die Zentrale“. Solche öffentlichen Nachrichten haben noch niemanden beruhigt und bedeuten in der Regel unangenehme Überraschungen und Stress. Vollkommen aufgeregt, bei der an Konzentration und professionelles „Abschalten“ nicht mehr zu denken war, stand sie in Windeseile vor der Tür der Veranstaltungsleitung und trat ein. Was sie dann zu hören bekam, möchte keiner von uns erleben. „Frau Bethmann, wir haben eben einen Anruf erhalten, ihr Haus brennt“.

Bei diesem Brand entstand ein Schaden in Höhe von 120.000,-€. Nach langer Suche wurde der Übeltäter auch gefunden. Es war ein Kabel in der Zwischendecke.

Frederik Chance

Diese „wundersamen Dinge“ passieren aber nicht nur bei der Arbeit mit unseren Tieren, sondern im ganzen Leben. Wie sollt man sonst einen Vorfall aus dem Jahre 1974 in Worcester bezeichnen, bei dem sich etwas ereignete, was mit normaler Logik nicht mehr zu erklären ist. Es war Ende Oktober 1974. Das Wetter war wie immer zu dieser Zeit ungemütlich und in den frühen Abendstunden hatten es zwei Männer ganz besonders eilig. Der eine wollte seine Frau abholen und war bereits viel zu spät und der andere kam von der Arbeit und wollte so schnell wie möglich nach Hause. Beide waren mit ihren Gedanken ganz wo anders. Die zwei Fahrer kannten sich nicht, doch in 5 Minuten sollten sie sich gegenüberstehen und mit großen Augen anschauen.

Die beiden Herren waren im Süden von Worcester unterwegs und in den Straßen war wenig Verkehr. Nur der leichte Regen forderte das Glück der viel zu schnellen Autos heraus.  Nicht nur Pfützen und Matsch waren Schicksalsboten, sondern auch der gelegentliche Rollsplitt. An einer Straßengabelung rasten die zwei „Fremden“ unaufhaltsam aufeinander zu und in wenigen Sekunden kreuzten sich ihre Schicksale. Zwei Leben werden aufeinander treffen, die danach für immer verbunden sein werden. Quietschen, krachen und metallische Geräusche, dann ist es still. Aus einem der Wagen hört man lautes fluchen, in dem anderen ist es still  – doch dann öffnen sich beide Autotüren und zwei Herren schleppen sich auf die Straße. Als sie sich gegenüberstehen, verfallen sich schlagartig in eine Schock Starre, denn sie sahen sich so ähnlich, wie ein „Ei“ dem anderen. Nachdem sie sich wieder gesammelt hatten, holten sie ihre Papiere heraus und staunten noch mehr, denn sie hießen beide Frederik Chance. Sie waren früh getrennte eineiige Zwillinge. Dieser Unfall wurde am 26. Oktober 1974 von der Polizei in Worcester aufgenommen.

Solche oder andere „wundersamen Überraschungen“ stehen bei jedem von uns einmal vor der Tür und wirbeln alle sorgfältigen Planungen komplett durcheinander.

Sei stets bereit für das Unerwartete,
denn jeder Tag ist eine Wundertüte.

 

 

 

 

Geduld, Border Collies und Bambus Bauern

Bambus Bauern? Wieso Bambus Bauern?
Man man man, nun regnet es schon den dritten Tag und ich kann so Garnichts von all den Dingen erledigen, die erledigt werden müssten. Bei diesem Vorgeschmack auf die Sintflut, heißt es nur: Geduld.
Habt ihr Geduld? Ich nicht und muss sogar jeden Tag darum kämpfen, sie nicht zu verlieren. Eigentlich möchte ich viel mehr davon, am besten jetzt gleich und sofort. Mist, so funktioniert das nicht mit der Geduld, also sollte ich mir anderweitig mehr davon „besorgen“. Sich mehr Geduld beschaffen, ist ein wirklich harter Job, denn wir müssen an der schwersten Aufgabe von allen arbeiten, an uns selbst. Dumm ist nur, nicht allein der Wille ist entscheidend, sondern die innere Einsicht.

…und woher bekomme ich jetzt „schnell“ diese innere Einsicht?

„Eigentlich“ haben wir in unserer durchorganisierten, auf Optimierung getrimmten Welt ziemlich schlechte Chancen, diesen Weg zu finden. Das klingt jetzt vielleicht etwas hart, aber die „Masse“ läuft doch täglich wie „aufgescheuchte Hühner“ durch den Alltag und ist von innerer Ruhe so weit entfernt, wie eine Mücke vom Elefant. Es ist aber nicht unmöglich, aus einer Mücke einen Elefant zu machen  …und das meine ich diesmal nicht im bekannten negativen Sinne, nein, ganz und gar nicht, sondern diesmal positiv, der Weg zur inneren „Mitte“. Dumm nur, dass man diese innere Mitte schlecht beschreiben kann und sie eigentlich selbst erleben muss, um sie zu begreifen. Ohne Training, nur aufgrund von Umständen, durfte ich dieses Gefühl bisher zweimal erleben. Das erste Mal war vor 20 Jahren in einem dreiwöchigen Urlaub auf Sri Lanka (bis 1972 Ceylon). Wir haben weder Teeplantagen noch Tempel angesehen, sondern ausschließlich am Traumstrand im Schatten der Palmen gelegen. Nach reichlichen zwei Wochen stellte sich eine erstaunliche innere Ruhe ein. Nach drei Wochen war mein Innenleben so sortiert, dass ich ein ganz anderes Körpergefühl hatte. Wie schon gesagt, dies kann man eigentlich nicht beschreiben, sondern nur selbst erleben. Der zweite Moment ist erst ein Jahr her und „überfiel“ mich auf einem Hüte-Trial im Harz. Trotz Zuschauer und vieler Wettkampfteams, war ich mit meinem Hund ganz allein und war bei ihm – auch in 150 Meter Entfernung. Unvergesslich!

Geduld ist eigentlich „nur“ das Endergebnis, das Ende der Reise. Wer „nur“ das Ziel vor Auge hat, ist bereits von der „Hauptstraße“ abgekommen. Wir sind dann aber nicht nur von der „Hauptstraße“ abgekommen, sondern laufen zudem auch noch den falschen Zielen hinterher. Wir hetzen, machen und tun, ohne wirklich Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden zu können. Bringt etwas in der heutigen Zeit keine schnellen Ergebnisse, ist es „untauglich“. Hat man Geduld, so ist es eine Tugend, die wertvoller ist als Gold. Ich gebe zu, ein für uns alle schwer zu verstehender Satz, denn wir haben andere Lebensvorstellungen mit auf den Weg bekommen.

Ein wunderbares Beispiel ist nicht nur die Arbeit mit unseren Border Collies, sondern Bambus-Bauern. Bambus-Bauern? Was haben Bambus-Bauern mit Geduld zu tun? …Und überhaupt, was machen diese Leute? Ich darf euch versichern, sie sind das Paradebeispiel und Aushängeschild für Geduld.

Bambuswald Ⓒ Steffen Reuter

Bambuswald Ⓒ Steffen Reuter

Bambus ist ein wichtiger Rohstoff geworden, der in viel mehr Dingen steckt, als wir uns vorstellen können. Doch Bambus kommt nicht aus dem Baumarkt und wurde auch nicht von „Tante Bayer“ oder einem anderen Chemiekonzern erfunden, sondern von fleißigen Bambus-Bauern angebaut. Nun ist aber das Bambuspflänzchen ein ganz besonderes „Ding“, denn es wächst nicht wie jede andere Pflanze nach dem Stecken jedes Jahr neu, nein ganz und gar nicht, sondern es lässt sich Zeit. …somit wären wir bei Geduld. Ohne Geduld und Beharrlichkeit ist diese Pflanze nicht erfolgreich anzubauen. Nach dem Stecken macht sie 4 Jahre nicht die geringsten Anstalten zu wachsen. Man muss den Boden harken, Unkräuter entfernen, gießen und sie 4 Jahre lang liebevoll umsorgen, ohne genau zu wissen, was passiert. Diese Bambus-Bauern halten durch. Ihr „Geheimnis“: Einfach immer weitermachen und nicht verzagen.

Die Früchte der Arbeit nach 4 Jahren Ⓒ Steffen Reuter

Die Früchte der Arbeit nach 4 Jahren Ⓒ Steffen Reuter

Geduld und Zuversicht sind hier die wichtigsten Tugenden. Seid auch hier ehrlich, würden wir das durchstehen? Ich glaube, die meisten von uns würden die Segel streichen. Warum können diese Menschen so geduldig sein und wir nicht? Der Weg ist das Ziel und eine damit verbundene ganz andere Lebensweise. Wollen wir Geduld, müssen wir unseren Alltag umstellen. Die Geduld stellt sich dann „fast“ von selbst ein. Hört sich gut an und lässt sich leicht schreiben, aber in der Praxis eine „Monster-Aufgabe“. Mit diesem Thema stehen wir vor einem echten Dilemma und vernünftige Ratschläge sind rar. Da wir nicht nach Tibet auswandern können, um bei den Mönchen Geduld zu lernen, müssen wir in unserem Leben aktiv werden. Lasst uns bewusster leben, über den Sinn unseres Handelns nachdenken und bei der Arbeit mit unseren Hunden immer daran denken: Diese vierbeinigen Freunde machen nichts falsch, nur wir. Das ist schon mal ein kluger Anfang.

Konzentration & Hingabe Ⓒ Steffen Reuter

Konzentration & Hingabe Ⓒ Steffen Reuter

So funktioniert das mit der Geduld und nicht auf „Knopfdruck“.

Charles Darwins Evolutionstheorie, oder werden Frauen aus Rippen gemacht?

Ich glaube, er dreht sich noch im Grab um, wenn er diesen ganzen Müll lesen könnte, der über Tiere verbreitet wird. Wer? Charles Robert Darwin?, Vater der Evolutionstheorie? Falls ihr euch nun fragen solltet, wer ist Darwin und was hat er mit Tieren zu tun? So muss ich euch verkünden und das wird einige völlig überraschen, die Wurst stammt nicht aus dem Supermarkt und die Milch nicht von einer lila Kuh.

Unser alter Kumpel Charles hat Zusammenhänge erkannt, auf die unsere Welt bis dahin noch nicht gekommen ist. Natürlich gab es Stress mit mächtigen Glaubensrichtungen, denn wie sollte man dem Volk plausibel erklären, dass Darwins Evolutionstheorie völlig revolutionär ist, da die erste Frau ja bekanntlich aus der Rippe eines Mannes gemacht sein soll. Hier mein Tipp: Mit einem ordentlichen Marketing Konzept, hätten sie diese „Rippen-Nummer“ etwas länger durchhalten können. Es kommt also wie es kommen musste, Darwins Theorie setzte sich durch, denn die Sache mit Adam, Eva und der Rippe war ja nun wirklich verwirrend.

Adam und Eva, die wildeste Love Story aller Zeiten Ⓒ Steffen Reuter

Adam und Eva, die wildeste Love Story aller Zeiten Ⓒ Steffen Reuter

Was hat sich vom damaligen Naturverständnis zu heute verändert? Auch Dank der Arbeit von Darwin, wissen wir heute viel mehr. Aber Vorsicht, wir wollen zwar zum Mars fliegen, aber über das Leben auf unserer Erde hält sich die Flut unserer Erkenntnisse in Grenzen. Zum Beispiel wissen wir über unsere vertrautesten vierbeinigen Begleiter (dem Hund) noch immer sehr wenig und damit meine ich nicht den Körperbau, sondern sein Verhalten. Einer der erfolgreichsten Jäger unseres Planeten ist noch immer ein Rätsel mit sieben Siegeln. Wir wissen bis heute nicht, weshalb der Hai so gut wie nie Krebs bekommt oder mit welchen Sensoren er auf seine erfolgreiche Jagd geht. Wir haben zwar Vermutungen und Theorien, aber diese besagen eigentlich nichts anderes als: Wir haben keinen blassen Schimmer.

Das sind nur zwei Beispiele, aber wenn wir über so wichtige Spezies schon wenig wissen, was klafft da erst über die unzähligen anderen Lebewesen für eine riesige Wissenslücke. Diese Lücken lassen reichlich Platz für Aberglaube und haarsträubende Theorien, damals wie heute. Was würde wohl Charles Darwin zu Massentierhaltung, Zirkus oder den Nackthunden sagen? Oder weshalb wir noch immer nicht mit dem Einklang zwischen Mensch-Natur weiter gekommen sind. Das Gegenteil ist eingetreten. Wir, die Lebensabschnittsgefährten der Erde, waren noch nie so weit von der Natur entfernt wie heute. Mit den Tieren und unserer eigenen Umwelt, gehen wir eben so desinteressiert um, wie zum Beispiel mit Atommüll. Spricht es für ein hochbegabtes Wesen, wenn es für den Preis der kurzfristigen Energie tödlichen, unzerstörbaren Müll produziert? So liegen die Zerfall-Zeiten bei Plutonium bei 24110 Jahren, bei Uran bei 704 Millionen Jahren und bei Tellur bei 7 Quadrillionen Jahren. Einer Zahl mit 24 Nullen!

Wen wundertes also, dass wir bei vollem Bewusstsein (was noch zu beweisen wäre) an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen. Ihr seht, Charles könnten wir heut gut gebrauchen und damit meine ich ganz bestimmt nicht den ewigen Thronfolger Englands. Wo Unwissenheit, oder noch schlimmer Ignoranz regiert, blüht nicht nur Dummheit sondern auch Aberglaube und Fanatismus

…und Frauen werden dann aus Rippen gemacht.

Charles Robert Darwin Ⓒ Steffen Reuter

Charles Robert Darwin Ⓒ Steffen Reuter

Sollte es jemals eine Zeitmaschine geben, so kommt Charles auf meiner persönlichen Wunschliste, gleich nach Leonardo da Vinci und Kurt Cobain, ganz nach oben. Wobei sich das Tagebuch von Kurt ja recht verstörend liest. Ich glaube, Kurt tausche ich dann doch lieber gegen Jesus, der war ja auch ein „Popstar“, vielleicht der aller erste. Michael Jackson ist nach neusten Umfragen zwar der beliebteste und erfolgreichste Sänger aller Zeiten, aber unser erster „Held“ Jesus, versammelt noch heute über 30% der gesamten Menschheit hinter sich. Das macht ihm so schnell keiner nach. Da Vinci, Jesus und Darwin in einer Runde, was für eine Vorstellung.
Keine Sorge, ich habe keinen Alkohol getrunken  – wobei, wenn ich das jetzt hier alles so lese, sollte ich mir welchen besorgen.

PS.: Falls jemand den Namen Kurt Cobain noch nicht gehört hat, so kann er mit diesem „Nichtwissen“ quietschvergnügt weiterleben, wenn ihr aber Michael Jackson und Jesus noch nicht kennt

…so sollten wir uns Gedanken machen.

Der „Border Collie Wahnsinn“

Nein, es ist keine neu entdeckte Krankheit bei den Border Collies. Sie befällt auch keine Hunde. Dieser ansteckende Virus befällt nur „Zweibeiner“, uns Menschen. Anstatt mit meiner „besseren Hälfte“ ein schönes Wochenende zu erleben, verbringe ich mit der Trial Richterin Sandra Bremicker zwei Tage in einem kleinen Auto (ich als Schreiber). Zugegeben, wir hatten sehr viel Spaß, aber so ganz „normal“ ist das doch auch nicht. Da stellen sich einige von uns Samstagmorgen um 5 Uhr den Wecker, fahren 3 oder gar 4 Stunden über die Autobahn, „nur“ um den eigenen Hund 5 Schafe holen zu lassen. Was auch schon mal nach 30 Sekunden vorbei sein kann (starten, stoppen, schade), weil gerade an diesem Tag so gar nichts funktioniert.

„Das hat mein Hund ja noch nie gemacht“.

Abby Ⓒ Jasemin Be

Abby Ⓒ Jasemin Be

In diesen zwei Tagen mit Sandra habe ich eine ganze Mange gelernt, denn bis dahin wusste ich noch nicht mal genau, wann und wo wie viel Punkte im Trial abgezogen werden  – jetzt schon! Meine zwei Trainingsläufe waren zwar unter aller „Kanone“, aber zumindest hatte ich einige Unterrichtsstunden zur Bewertungen auf Wettkämpfen. Was mache ich aber nun mit meinem Wissen? Voller Entsetzen dachte ich an unseren zweiten Lauf: „gruselig“. Na-ja, was soll‘s, es ist gerade Halloween.

Noch Sonntagabend habe ich über unsere „unterirdische“ Leistung nachgedacht und mich heimlich darüber geärgert. Ich weiß nicht wie es euch allen so geht, aber mich beschäftigt das schon. Doch das ganze wird mir echt zu viel, wenn ich nachts wegen einem lauten Auto kurz aufwache, aber mir dann sofort unser „Grusel-Lauf“ einfällt und ich nicht wieder einschlafen kann. Was soll man gegen diesen „Virus“ machen? Da lag ich doch tatsächlich wach und dachte an die Arbeit mit meinen Hunden. Die Arbeit zu Hause mit meinen über 100 Schafen funktioniert hervorragend, aber auf dem Trial treten wir irgendwie auf der Stelle und teilweise habe ich das Gefühl wieder „rückwärts“ zu gehen. Hilfe muss her. Nochmal zur Erinnerung: All diese „Erkenntnisse“ kamen mir nachts im Bett, neben meiner „besseren Hälfte“ und da sage noch einer: „Der Border Collie Wahnsinn“ sei nicht schlimm“.

Jasi fährt einen großen Mondeo Kombi mit viel Platz und ich einen alten, auch nicht kleinen Geländewagen, doch wenn wir gemeinsam mit unseren 4 Border Collies wegfahren wollen, brauchen wir tatsächlich ein noch größeres Auto. Verdammt, der Virus hat uns voll erwischt.

Was hängen bei euch zu Hause für Bilder an der Wand? Kinder, Landschaften oder Malereien? Bei uns sind es Border Collies. Border Collie auf der Weide, Border Collie auf einem Trial, Border Collie als Welpe oder auch auf einem Border Collie Kalender. Um ein gewisses „Gleichgewicht“ herzustellen, habe ich Fotos von meinen Schafen dazu gehängt, doch ich vermute, für „gesunde, nicht infizierte“, macht das die Sache auch nicht besser.

May Ⓒ Jasemin Be /Ein wunderbares Foto

May Ⓒ Jasemin Be /Ein wunderbares Foto

Bei einem Trainingsbesuch (die Adresse verrate ich lieber nicht), habe ich kürzlich eine Familie vorgefunden, die dieser Virus voll im Griff hatte. Haus-Nr.: ein großer Border Collie mit Zahl, Gartentor: Border Collie Schild, Türklopfer:  Border Collie mit Schaf, Fußmatte: natürlich mit Border Collie Motiv, Border Collie Tassen und auf allen Autos reichlich Border Collie Aufkleber. Ach so, ehe ich es vergesse, ihr 2 Jahre alter Sohn hatte selbstverständlich auch ein Border Collie T-Shirt an
…so, und nun kommt ihr.

Was übrigens diesen „Virus“ selbst betrifft, so meint mein Hausarzt: „Da gibt es kein Gegenmittel“   Ein „Teufelskreis“.

Aber mal ehrlich, schon jeder Tierliebhaber bekommt bei solchen Fotos (z.B. May) einen höheren Pulsschlag. Wie ergeht es dann erst den Border Collie Besitzern selbst? Sie sind quasi hilflos diesen Tieren ausgeliefert und können sich ihrer Faszination nicht entziehen. Dabei gib es von diesen „Wunder Hunden“ zwei große Richtungen: Die ursprüngliche Arbeitslinie und die später entstandene sogenannte Show-Linie. Beide begeistern Millionen Hundebesitzer in der ganzen Welt, aber eins bleibt immer gleich: Jeder Hund braucht seiner Veranlagung entsprechende Arbeit und Beschäftigung.

Die Arbeitslinie muss ein Arbeitsleben führen und alle anderen Border Collies sollten intensiven Sport betreiben. Dabei meine ich aber nicht Spaziergänge, wo man sich mit der Nachbarin zu einem Plausch trifft, sondern Agility, Obidience oder andere anspruchsvolle Sportarten. Dazu kann ich euch versichern, dass auch die Agilityleute ihre Leidenschaft ziemlich intensiv betreiben, denn wen trifft man am Wochenende auf den Autobahnen unserer Republik? Hunde- und Pferdeleute.

Anscheinend geht nicht nur der „Border Collie Wahnsinn“ um.

Können Tiere lügen?

Können Tiere traurig sein? wäre die nettere Überschrift gewesen, hätte aber den gleichen Inhalt.

Sind Tiere zu Emotionen fähig? Können sie durch bewusstes Verhalten täuschen? Das sind Fragen, die schon ganze Bücher gefüllt haben, in den verschiedensten Varianten. Nicht nur in den verschiedensten Varianten, sondern vor allem auch in den verschiedensten Ansichten –oder gar „Lagern“. Das ist ein unbekanntes Universum, denn wir Menschen benehmen uns zwar immer wie Dr. Allwissend (die Krone der Schöpfung), wissen aber noch nicht einmal, wieso Hunde Gras fressen oder sich in Unrat wälzen. Doch die wenigen, zaghaften Erkenntnisse lassen uns aufhorchen und staunen.

Meine schottischen Schafe können in jedem Fall lügen. Zunächst versuchen sie den Anschein zu erwecken, als könnten sie kein Wässerchen trüben, doch im Hinterkopf haben sie bereits einen ausgetüftelten Plan, wie sie auf die Nachbarweide kommen. Nun aber ganz im Ernst, Wissenschaftler haben zum Beispiel das Verhalten von Affen untersucht und beobachtet, wie Einzeltiere lautes Allarmgeschrei von sich geben, um von ihrem gefundenen Futter abzulenken. So können sie es allein fressen und müssen es nicht mit anderen teilen. Ganz schön link, oder?

Bei diesem Verhalten darf ich doch schon mal fragen: „ist das noch tierisch, oder schon menschlich“? Das würde aber auch bedeuten, dass wir Menschen die Falschheit für uns gebucht hätten. Mit diesen Gedankengängen sind wir mal wieder auf dem Holzweg, denn eine von unseren vielen Schwächen ist, wir nehmen uns viel zu wichtig. Wir, die „Weltenlenker auf Probe“, haben zwar die Erde nach unseren Bedürfnissen umgestaltet, aber auch den Kontakt zu ihr verloren. So bereitet es uns „Genies“ größte Schwierigkeiten, mit all unseren heutigen Sinnen uns den Tieren zu nähern. Warum? Weil wir einige Fähigkeiten bereits wieder verloren haben. Wir jagen ja bekanntlich nicht mehr selbst, sondern „besorgen“ uns bedrucktes Papier und tauschen es gegen „Fleisch“. Wen wundert’s da, dass wir mit dem „Innenleben“ anderer Lebewesen auf unserem Planeten große Probleme haben.

Natürlich können Tiere lügen und natürlich können Tiere auch trauern.

So ganz werden wir das „Innenleben“ der Tiere nie klären, denn wir können weder mit ihnen ausführlich kommunizieren, noch uns ihnen mit unseren „Ur-Sinnen“ nähern. Ich habe weder an einer Studie teil genommen, noch gerade dieses Verhalten der „Mitbewohner“ erforscht, sondern spreche von meinem direkten Umfeld, von meinen eigenen Beobachtungen. Wenn auch auf einer ganz anderen Ebene, aber zwischen Tieren gibt es ebenso ganz besondere Freundschaften, wie Trauer bei „Verlust“ und sie sind auch zu einer Art emotionalen Bindung fähig – die wir natürlich auch nicht verstehen.

Hunde können bei leichten Verletzungen schon mal übertreiben und Schaf-Mütter trauern, wenn ihr 2 Monate altes Lamm stirbt. Zu diesem und ähnlichen Themen gibt es zwei Lager. Nein sie sind „stumpf“ und ausschließlich Instinkt gesteuert und meine Fraktion, die in den Tieren ein viel größeres „Universum“ sehen, als wir kennen. Das alles ähnelt der Frage: Beweise den Glauben. Wir haben keinen Schlüssel zu diesem Schloss und bewegen uns mal wieder auf dem Holzweg der Vermutungen.

Familie Ⓒ Steffen Reuter /Schlau, durchtrieben, aber auch gefühlsbetont und sozial

Familie Ⓒ Steffen Reuter /Schlau, durchtrieben, aber auch gefühlsbetont und sozial

 

Zumindest bei der geplanten Lüge gibt es fundierte Untersuchungen, die uns aufhorchen lassen. Hier einige Beispiele: Junge Schimpansen fangen fürchterlich an zu schreien, wenn  ältere ihr Futter wegnehmen wollen, sie schreien aber nur sehr laut und aggressiv, wenn der Clan Chef in der Nähe ist, um Aufmerksamkeit zu erregen. Allein trauen sie es sich nicht. Können sie einen Artgenossen nicht „leiden“ beginnt das gleiche Spiel (auch ohne ersichtlichen Grund) Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Grund für dieses Verhalten ist, der Chef soll andere Gruppenmitglied in die Schranken weist.  Das ist nach unseren Maßstäben schon fast Mobbing. Fühlen sich Krähen von Artgenossen beobachtet, legen sie Schein-Futterlager an, um die Kollegen bewusst in die Irre zu führen. Hähne locken ihre Damen mit einem Futterruf an, was es aber gibt ist „Sex“.

„Schaaatz, ich habe tolles Essen gefunden“.

Die Liste ist der „Wunder im Tierreich“ ist lang und überrascht uns immer wieder. Wieso überraschen uns eigentlich diese neuen Erkenntnisse? Der Grund ist immer der gleiche: Wir verstehen diese Welt nicht mehr und wir haben auch keinen Schlüssel zu ihr.

 

 

Anita Hermes, zwischen Kritik und Erfolg

Jeder, in den einschlägigen Kreisen, verbindet mit dem Namen von Anita Hermes zuerst Mitch und die wirklich unzähligen Siege und guten Platzierungen dieses Teams. Inzwischen ist er 9 Jahre alt und es stellt sich die Frage: Gibt es eigentlich einen „Kronprinzen“?  Es gibt ihn, und sein Name ist Roger.

Es war einmal ein kleiner Welpe, der lebte glücklich und zufrieden mit seiner Familie im Harz. Doch eines Tages kam die Zeit, hinaus in die Welt zu ziehen, um große Abenteuer zu erleben. Wie hat es mit Roger und Anita tatsächlich angefangen, wie hat dieser kleine „Wunderknabe“ seine Lektionen gelernt und wie haben die beiden es geschafft zu so einem gut funktionierenden Team zu werden ? Roger ist erst 4 Jahre jung und hat dennoch kürzlich auf einem Internationalen Hütewettbewerb (trotz strengem Richter) die magischen 100 Punkte erreicht. Das sollte uns alle aufhorchen lassen: „Denn Roger ist los“.

Nach einem kurzen Facebookaustausch, haben wir einige Tage später miteinander telefoniert. Wie konnte es anders sein, sie saß im Auto und war mit ihren vierbeinigen „Kollegen“ unterwegs zu einem Trial.

„Hallo Anita, ich wollte dich eigentlich nach einem Treffen fragen, aber ihr seid ja unterwegs?“ „Hi, ja zur Holstein-Meisterschaft, ich hoffe, ich komme gut durch, denn freitags sind Elbtunnel und die vielen Baustellen ein großes Risiko für eine staufreie Fahrt. „Aber auf dem Rückweg könnte ich bei Dir vorbei kommen“, meinte Anita, „doch am Sonntag war ich leider nicht zu Hause.“ Kurzerhand verabredeten wir uns für den darauffolgenden Donnerstag auf ihrer Trainingswiese. „Schön, ich freu mich drauf“, sagten wir fast gleichzeitig, mussten beide lachen und legten auf.

Anita Hermes Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Anita Hermes Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Noch auf dem Weg zu Anita, es regnete mal wieder wie aus Kannen, dachte ich daran, was Mitch so alles gewonnen hat  – echt atemberaubend. Eigentlich müsste er doch von allen Seiten hochgejubelt werden, aber die allgemeinen Beifallsbekundungen halten sich in Grenzen. Während ich so darüber nachdachte, vielen mir viele Fragen ein, die ich Anita unbedingt mal stellen wollte. Ich war gespannt und wenn ich geahnt hätte, was am Abend alles auf den Tisch kommt, wäre ich wohl vor Ungeduld geplatzt.

Ich halte Anita für eine bemerkenswerte Border-Collie-Trainerin mit viel Wissen und Talenten im Umgang mit ihren vierbeinigen Freunden. Dazu gesellen sich aber auch „Reibungsflächen“, die es einigen – nicht positiv Gesinnten – ziemlich leicht machen, ebenfalls ihre Ansichten und Meinungen kund zu tun. An dieser Stelle fällt mir fast automatisch der Satz ein: „Ganz oben wird die Luft dünn“ und Anita ist mit ihren Hunden „oben“.

Treten wir einmal einen Schritt zurück und betrachten das Ganze aus der Ferne und neutral. Anitas Hunde gehören mit zu den erfolgreichsten unserer Republik und das sollten wir auch so wahrnehmen. Zudem gehört sie zu den wenigen Trainern, die mit Rückenwind eines Sponsors in den „Wettkampf“ ziehen. Bei unserem Treffen haben wir auch über die „alten Zeiten“ gesprochen, in denen alles angefangen hat; (Anita und Freunde waren schließlich die Ersten in Old Germany und haben den Verein für diese „Spezialisten“ gegründet). Wie ist das mit den „alten Weggefährten“? Da standen sie noch gemeinsam auf der Trainings-Weide, was heute, vorsichtig und zurückhaltend ausgedrückt, nicht mehr mit allen möglich ist. Wir sprachen an diesem Abend auch noch über viele andere Themen, über die ich zu einem späteren Zeitpunkt berichten werde.

Na ja, nichts bleibt wie es war, denn die Welt dreht sich bekanntlich immer weiter.

Anita Hermes /Hütetraining Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Anita Hermes /Hütetraining Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Mitch hat uns in den letzten Jahren so manches Mal verblüfft und den Mund vor Staunen offen stehen lassen, auch bei einigen heimlichen und unheimlichen Beobachtern und Kritiker. Aber auch seine Zeit ist nicht unendlich. Wen überrascht es da wirklich, dass es bereits einen Kronprinzen gibt, der schon mit den Pfoten scharrt, um in die Welt hinaus zu ziehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch er uns überraschen wird. Bei Anita klingt das dann in etwa so: „Roger passt super zu mir, denn er ist ein junger, starker Hund mit weichem Bewegungsmuster“. Hört sich zunächst sehr „trocken“ an, aber jeder, der Anita näher kennt, weiß, dass diese vierbeinigen Zauberlehrlinge zu ihrem Leben und ihrer Familie gehören.

Roger, der „Kronprinz“ Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Roger, der „Kronprinz“ Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Falls also jemand auf den abwegigen Gedanken kommt, Anita würde „irgendwann mal“ kürzer treten wollen, dem möchte ich nach meinem Treffen sagen: „Ihr werdet weiterhin mit Anita Hermes und ihren Hunden rechnen müssen, auch in einem Finale der Europameisterschaft.“

Eine Trainerin mit unglaublichen Fähigkeiten, aber auch mit zahlreichen Ecken und Kanten. Es ist schon erstaunlich, wenn jemand ein karges auskommen in Kauf nimmt und sein Leben derart auf die Hunde fokussiert, „nur“ um alle Kraft diesen vierbeinigen Spezialisten widmen zu können. Anita Hermes ist extrem, doch besondere Leistungen fordern meist besonderes Handeln.

Aber hey, freuen wir uns einfach darüber, dass auch solche Talente in unserer Nachbarschaft wohnen,

…dann ist alles Roger!

Deutsche Sprache, …schwere Sprache

Das gilt aber nicht nur für Neubürger in unserem Land, nein, auch wir haben so unsere Probleme mit den Fallstricken im Wort-Dschungel. Das folgende Beispiel von meiner Freundin Jasi könnte auch aus dem Programm von Mario Barth stammen. Nur mit dem Unterschied, alles hat sich genau so zugetragen und jeder Satz wurde original so erlebt. Ich muss noch heute herzlich darüber lachen, doch bei Jasi hält sich die Begeisterung in Grenzen  …ihr werdet erfahren warum.

Jasemin ist gelernte Arzthelferin, hatte aber schon immer eine große Leidenschaft für Pferde. Nicht für irgendwelche, sondern für arabische Pferde. Schön, temperamentvoll, sensibel und schnell. Es kam also wie es kommen musste, Jasi bewarb sich um eine offene Stelle auf einem Reiterhof. Dieses Kleinod der Pferdezucht hatte aber nicht nur Stress und „Knochenarbeit“ zu bieten, sondern vor allem auch Araberpferde. Jasi war glücklich, trotzdem der Wecker jeden Morgen um 05.45 Uhr brutal und völlig rücksichtslos die Nacht beendete. Der Job machte ihr Spaß, die Anzahl der Pferde wuchs auf 50 und der Tierarzt hatte mit diesem Reiterhof auch ein festes Einkommen, denn irgendwas ist ja immer.

Jasi & Mujiza Ⓒ Anna M

Jasi & Mujiza Ⓒ Anna M

Fast automatisch muss ich an meine Zeit im Reitstall Bückeburg denken und da unvergesslich, der für den Stall verantwortliche Olaf. Rätselhafte Verständigungsschwierigkeiten gab es des Öfteren mit Olaf, bis heute. Ein fröhlicher, rundlicher junger Mann, der recht unbelastet von Pflichten durchs Leben ging. Sehr erstaunlich fand ich, dass Olaf zwar keinen blassen Schimmer von Pferden hatte, aber unbedingt in diesem Reitstall aushelfen wollte und noch überraschender, es bis heute macht. Dieser fröhliche „Hans im Glück“ hatte seine eigenen Definitionen von Worten und Sätzen gefunden. „Nach dem Füttern mistest du noch zwei Ställe aus“, hört sich für Olaf so an, dass er nach dem Füttern erst mal eine Pause einlegen soll, um Kaffee zu trinken. Das ist schade, denn „Hans im Glück“ sucht noch immer nach seiner „Goldene Gans“, die er aber durch seine „Verständigungsschwierigkeiten“, oder auch dem fehlenden Glück noch nicht gefunden hatte. Die Welt macht es ihm ja auch schwer, da „erledige bitte“ immer als das Wort „Pause“ bei ihm ankommt.

Nun aber wieder zurück zu Jasi. Viel spannender sind hingegen die regelmäßigen Tierarztbesuche im Stall. Jasi geht stets gemeinsam mit dem Tierarzt von Box zu Box und genau so war es auch diesmal. Nur, dass sie mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache war, da ihre geliebte Araberstute Mujiza sich einen Tag zuvor verletzt hatte. Mujiza hört sich für europäische Ohren ziemlich ungewöhnlich an und so bekam ihr Pferd das Kürzel Muschi. Eigentlich waren es die Kinder auf dem Reiterhof, denn keiner von ihnen konnte den Namen je richtig aussprechen, auch ich nicht. Ich gebe zu, Muschi ist nicht ganz glücklich gewählt, aber bei einem Anteil von 90% Frauen im Stall, dann doch nicht ganz so peinlich, sondern eher witzig. Bis dahin war es nur ein Kürzel, was von allen verwendet wurde und in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist. Ich habe mich zwar am Anfang gewundert, aber Katzen werden ja auch so gerufen.

Jasi und der Tierarzt gingen also durch den Stall und behandelten einige Kandidaten. Jasi war aber ständig in Gedanke bei ihrer verletzten Stute Muschi. Nun standen sie vor einem der Einstellpferde, dass sich eine Schnittwunde zugezogen hat. Rein in die Box, um die Wunde in Augenschein zu nehmen. „Das ist zu groß, dass müssen wir klammern“ sagte der Tierarzt. Weiter merkte er an, „die Wunde muss schon eine bestimmte Größe und Tiefe haben, damit sie geklammert werden kann“. Jasi war zwar anwesend, verglich aber diese Wunde mit der Wunde ihre Stute. Plötzlich schoss es, ganz in Gedanken versunken, aus ihrem Mund:

„Na toll, bei uns war es auch so tief, da hätte meine Muschi ja auch getackert werden müssen“.

Noch währen die Worte aus ihrem Mund purzelten, alarmierten einige Gehirnzellen „nicht gut“.
Jasi stand in kurzer Schockstarre und schickte mit aufgerissenen Augen noch das einzelne Wort „Pferd“ hinterher. Leider waren sie nicht allein, denn bei solchen Behandlungen gesellen sich auch Besitzer und Neugierige hinzu. Eines war aber sicher, diese „Behandlung“ hat in der Chronik des Reiterhofes einen festen Platz gefunden und wird in Zukunft auf jeder Weihnachtsfeier erzählt.

Eine Mail von Jasi, später an mich

Hahaaaaa das war lustig, für alle Personen um mich herum
Mir war es peinlich vor allem weil der Tierarzt so ein freches Grinsen im Gesicht hatte

 

 

Hütewettbewerb in Kulmbach – südwärts

Was? Wo willst du hin? Kulmbach? Du bist ganz schön „verrückt“, das sind doch bestimmt 400 Km. Na- ja, was sollte ich dazu sagen, die Trial-Gemeinde in unserem „Ländle“ ist sehr überschaubar und im Süden habe ich noch nie am Startpfosten gestanden. Falls also nichts mit meinen Tieren anliegt und sich der Autobahn-Krieg in Grenzen hält – so war der Plan – sollte es südwärts gehen. Kurz vor der Abreise habe ich nochmal meinen Beraterstab zusammengeholt und das waren: Der Autobahndirektor, der Wetter Gott, der Motivationstrainer und der Kassenwart. Was waren ihre Aussagen? Auf der Autobahn findet eine Völkerwanderung statt, das Wetter ist wechselhaft, gute Motivation – sofort losfahren und der Kassenwart: Die Reise ist gestrichen. Das war alles nicht wirklich hilfreich, aber zumindest einen Überblick zum aktuellen Stand. Den Miesmacher Kassenwart ignoriere ich ganz einfach, verbünde mich mit dem Motivationstrainer und packe meine Sachen. Die A7 ist in der Regel so gefährlich, wie ein Minenfeld, doch an diesem Freitagnachmittag hatten sich alle 80 Millionen Bundesbürger am Autobahnkreuz Kassel verabredet. Ich war einer davon und das Ganze glich tatsächlich einer Völkerwanderung  – wenn ich es recht überlege, eher den „Kreuzzügen“, wegen der Aggressionen und so…  Es ging aber besser als gedacht und ich konnte „unbeschadet“ zum angekündigten Vorabendessen erscheinen. Die Wirtschaft war schnell gefunden, denn es gab in diesem Örtchen nur eine. Das allererste was ich gelernt habe, „wir sind nicht in Bayern, sondern in Oberfranken“. Wichtig!  Als ich in die Runde fragte, was man hier so trinkt, erhielt ich von Claudia Gebelein (ganz liebe Grüße) die Antwort: „Radler mit Eigen-Urin“. Ok dachte ich, die „Oberfranken“ sind witzig, deftig und gerade heraus  – das passt.

Blick aus meinem Fenster Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Blick aus meinem Fenster Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

So, der erste Tag ist vorbei. Nette Veranstalter, familiäre Atmosphäre, steiles aber tolles Feld, eine faire Richterin Jeanny und super Schafe. Ich aber, habe eine Lehrstunde zum Thema Hundeausbildung, Geduld, Selbstbeherrschung und Durchhaltevermögen erhalten. Meine Abby war außer Kontrolle und ich danach zum ersten Mal deprimiert. Klar weiß ich, dass dies falsch ist und so gar nichts bringt, aber hallo, man ist auch nur ein Mensch. Nachdem am Nachmittag netter Weise alle noch einen Trainingslauf erhielten und wir (Abby und ich) auch diesen Durchgang wieder „versemmelt“ hatten, war es mit meiner guten Laune endgültig vorbei. „Verdammt“ dachte ich „was läuft denn da ab?“ Das können wir doch viel besser. Ich gebe es zu, mein Zustand bewegte sich nun zwischen Enttäuschung und Ärger  …auch wieder falsch. Was waren aber an diesem Tag die Fehler? Ich habe falsch reagiert und konnte Abby nicht die nötige Ruhe geben. „Eigentlich“ wollte ich nach weiteren vernünftigen Läufen mit ihr in die Klasse 2 wechseln, aber nach diesem Desaster, ist das erst mal „gestorben“.

ABCD Trial Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

ABCD Trial Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

An alle da draußen, die das Gefühl haben, mit ihren Hunden bei der Ausbildung auf der Stelle zu stehen: „Ihr seid nicht allein“. Was ist aber das „Geheimnis“? Sich Unterstützung holen und weitermachen. Wow, das ist ja gar nicht so schwer, sondern fordert „nur“ unser Durchhaltevermögen. Braust man dann schon mal 400 Km südwärts zu einem Trial und fährt alles vor die Wand, so jubelt man natürlich nicht wie nach einem Lottogewinn, aber auch das ist eine wichtige Erfahrung. Hört sich ziemlich schlau an, aber in Kulmbach habe ich genau zu diesem Thema eine Bruchlandung hingelegt. Warum? Nicht weil wir am Samstag keinen guten Job abgeliefert hatten, nein, sondern weil ich hinterher enttäuscht gewesen bin.

Das war der tatsächliche Fehler  – mein Fehler.

Trial in Kulmbach Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Trial in Kulmbach Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Sonntag: Neuer Tag, neues Glück. Noch im Frühstücksraum der Pension Grampp in Kulmbach, die im Übrigen fantastisch ist, habe ich das Trialfeld vor Augen und überlegt, was ich beim Handling ändern könnte. Vielleicht sollten Abby und ich auch mal ein ernstes Wort miteinander sprechen, wobei ich ihr erkläre, dass diese 5 Damen vorsichtiger zu bewegen sind. Wie schon gesagt: Neuer Tag, neues Glück.
Dieser Sonntag brachte uns zwar den 3. Platz, war aber alles andere als eine Sternstunde deutscher Trial Geschichte. Sehen wir es positiv, dieses Wochenende hat lehrreiche Spuren hinterlassen und das ist ja auch schon mal was. Zwei der ganz wichtigen Aufgaben, die ich mit nach Hause nehmen konnte waren: An mir zu arbeiten um stets neutral zu bleiben und die Kommandos konsequenter durchsetzen.  …das nennt man wohl Hausaufgaben.

Luxus Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Luxus Ⓒ Hardi P.Schaarschmidt

Schön war`s, mit einem Hauch von Luxus, den direkt an der Weide einen Kaffeeautomaten zu haben, der alle Wünsche erfüllt, ist schon was Besonderes. WOW sage ich da nur, aber das bekommt man wahrscheinlich, wenn man südwärts fährt.