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Hütetraining

Das Training mit Border Collies ist kein Freizeitspass, sondern ein „ernsthaftes Vergnügen“. Ernsthaft, weil man sich auf diesen Hund konzentrieren muss und ein Vergnügen, weil es Spass macht diesen Spezialisten bei der Arbeit zusehen. Jede Hunderasse hat seine besonderen Fähigkeiten und jedes Tier kann etwas besonders gut, wir müssen es nur lassen. Unsere chaotische Welt, mit Google, Facebook und schnellen E-Mails, ist so ganz und gar nicht auf die Bedürfnisse unserer vierbeinigen Mitbewohner ausgelegt  -und damit meine ich nicht nur unsere Hunde. Ihre Welt hat einen andern Lebensrhythmus als unsere.

Diese Woche, auf dem Weg zum Hütetraining, stand ich an einer Ampel. Rot, gelb und grün, ich lege den Gang ein und will losfahren. Noch bevor ich den Gang einlegen konnte, hupte ein wild gewordener Autofahrer hinter mir und hat wohl einen Raketenstart erwartet. Aber sorry, ich fahre einen alten Geländewagen mit 2,5 t Eigengewicht, der beim Anfahren nur „normal“ kann. Mit einem Maserati ginge das sicher schneller, aber wo setze ich da die Anhängerkupplung hin?

…also bleibe ich bei meinem alten Schätzchen.

Es gibt aber Tage, da denkt man sich, man man man, dass kann doch alles nicht euer Ernst sein. Ihr wisst schon, solche Tage, an denen man Dinge erlebt, die alles andere als normal sind. Da stellt sich aber gleich wieder die Frage „was ist schon normal?“. Normal ist relativ. Sorry, lassen wir Albert mal lieber aus dem Spiel, denn er war zwar ein genialer Physiker, aber im Alltag und Familienleben eine „riesen Pleite“. „Normal“ ist das was passiert, während wir etwas anderes planen.

Gibt es eine messbare Normalität? Oder ist Normalität nur Ansichtssache? Ich für meinen Teil habe eine ganz persönliche und vor allem einfache Formel gefunden. „Normal ist Ansichtssache  – solange sie andern nicht schadet“. Na-ja, ich gebe zu, ziemlich einfach, aber irgendwie muss man sich ja in dieser Welt zurechtfinden. Die Herren Wissenschaftler beschäftigen sich natürlich auch mit diesem Begriff und wollen alles ganz genau berechnen, doch da helfen weder schlaue Formeln noch kluge Sprüche. Ein Ansatz ist die These: „Normal ist was wir gewohnt sind“. Zumindest leuchtet diese ein und reicht für uns Otto Normalverbraucher. Eine zweite These besagt: „Alles Natürliche ist normal“. Nun wird es schon komplizierter, denn diese Aussage stellt so ziemlich alles in unserem Leben in Frage. Warum? Weil wir nicht „natürlich“ leben, sondern in einer selbst gebastelten „Blase“. In einer eigenen Welt, von uns geschaffen.

Ich vermute aber, meine Abby interessiert das weniger, denn sie hat nur die Schafe vor ihrer Nase im Kopf und wann sie endlich diese Damen bewegen darf. Sie folgt ihren ganz natürlichen Veranlagungen, wobei wir nach der zweiten These, bei der absoluten Normalität angelangt wären.

…somit ist mein Hund normal und ich unnormal?
Wow, was für eine Erkenntnis, meine Ex-Frau hätte also recht.

Abby Ⓒ Jasemin Be

Abby Ⓒ Jasemin Be

Damit meine Hunde auch fremde Weide Flächen als „normalen“ Arbeitsplatz ansehen, fahre ich regelmäßig zu befreundeten Schafhaltern, natürlich mit meinen Border Collies. Da stehen wir also, irgendwo im Nirgendwo, am Rande einer abgelegenen Weide, mit 10 Border Collies, wovon 5 trainiert werden sollen.  Meine Hündin Abby ist gerade läufig und ich will ausprobieren, ob ihre Hormone sie so durcheinander gebracht haben, dass sie auf fremden Weideflächen nur eingeschränkt arbeiten kann. Ja es ist schon ein Drama, „Hormone bei der Arbeit“. Das geht den Hunden wie den Menschen und ich habe den Verdacht, dass diese kleinen Hormon-Männchen oder auch Frauen, einen heimlichen Hauptschalter für das Gehirn besitzen, den sie bei Bedarf betätigen. So schalten sie ihre Kongruenz im Gehirn einfach ab.

Ich war erstaunt, trotz dieses inneren hormonellen Kleinkrieges, gelang es mit Abby ganz gut zu arbeiten. Nur ihre Nerven waren nicht auf der Höhe und einige Handling-Fehler meinerseits taten das Übrige. Ich bin trotzdem gespannt, ob nächste Woche auf dem Trial in Kühsen Abbys Hormone unter Kontrolle zu bringen sind, denn in der Läufigkeit ist es eher ein Glücksspiel, als stabile Leistungen.

Bei all dem sollte ich auch noch „fotogen“ aussehen, denn Jasemin schoss während des Trainings eine Fotoserie. Unter uns gesagt, auf Fotos finde ich mich immer „ziemlich blöd“  – ich meine natürlich nicht gut getroffen. Abby & May sind da deutlich fotogener.

Nachtrag:
Das darauffolgende Trial in Kühsen, haben wir komplett „versemmelt“. Was ist nun die Weisheit aus dieser Geschicht?  „Wenn Abby läufig ist – starte nicht“.

 

Panik oder Konzentration

Das Wort Panik kennen wir alle und haben es fürchten gelernt, aber wo kommt dieser Begriff eigentlich her? Er stammt von den Griechen, oder besser gesagt aus ihrer Sagenwelt. Der griechische Hirten Gott „PAN“, soll ein ziemlich frecher Typ gewesen sein. In der größten Mittagshitze, schrie er so ohrenbetäubend, dass Schafherde und Menschen in einer plötzlichen Massenflucht davon preschten. In der griechischen Götter Welt war PAN eine imposante „Erscheinung“. Nicht nur das er frech und immer für eine Überraschung gut gewesen ist, sondern auch halb Mensch, halb Ziege war. Schon im „normalen“ Leben, bereiten uns diese klugen Tiere gelegentliche Kopfschmerzen, aber als „Überflieger“, als Gott und noch dazu halb Mensch, halb Tier, für die Hirten eine echte Zumutung.  Aus dem frechen PAN wurde Panik und überfällt uns noch heute in den unmöglichsten Situationen. Nur diesmal flüchten nicht die Schafe, sondern unser Verstand. Kommt dieser wilde „PAN“ über uns, können wir nicht mehr klar denken und die Logik verabschiedet sich komplett.

Ob im Studium, bei der Arbeit oder beim Blick auf unsere Kontoauszüge: stehen wichtige Termine an, haben wir fast alle ein Problem. Da geht es mir nicht anders, als dem Rest der Menschheit. Man will etwas besonders gut machen und setzt sich dadurch unter zusätzlichen Druck. Nur blöd, dass man dies nicht so ohne weiteres abstellen kann.  …nicht ohne weiteres, aber man kann.

Genau dieses berühmte „P“ in den Augen, ging mir  gewaltig auf den „Keks“. Aber auch solche Verhaltensweisen haben eine Geschichte. Jeder macht an einem ganz bestimmten Punkt mit diesem unangenehmen „Gast“ Bekanntschaft. Die einen vor der Klausur, andere vor der Meisterprüfung und viele wenn es in Richtung Fahrprüfung geht.

Hardi P.Schaarschmidt Ⓒ Jasemin Be

Hardi P.Schaarschmidt Ⓒ Jasemin Be

Bei mir hatte sich dieser Eindringling breit gemacht, als ich mit einem Thema konfrontiert wurde, dass man gar nicht zu 100% unter „Kontrolle“ bringen kann. Wettkämpfe mit Hütehunden. Bei dieser komplexen Aufgabe, treffen 4 unwegsame Faktoren aufeinander: Natur, Schafe, Hunde und ich als der Kapitän des ganzen. Habe ich Wind, reagieren alle Tiere anders, die Schafe machen was ihre Tagesform sagt, der Hund hat gute oder nicht so gute Tage und ich „sollte“ bei alle dem Chaos besonders ruhig sein, um Sicherheit auszustrahlen. Sicherheit und Ruhe, um meinem Hund das Signal zugeben: “Alles OK“.

Dumm nur, dass auch ich am Anfang Hilfe nötig gehabt hätte, denn ich war alles andere als ruhig, konzentriert und gelassen. Ich hatte ein „Doppel – P“ in den Augen und dies bedeutete nicht „ Prima Pause“, sondern „Pure Panik“. Wie sollte ich da meinem Hund helfen? Ich hatte sogar manchmal den leisen Verdacht, dass mein Hund mir geholfen hat, um nicht ganz den Faden zu verlieren. Wir standen also in einem Minenfeld ohne Spürgerät und Schutzweste, das konnte nicht gut gehen, also musste schnell etwas passieren.

Die vielen nett gemeinten Ratschläge helfen da nicht wirklich, jeder muss selbst aktiv werden. Ob man in einer Prüfung sitzt, oder ich mit meinem Hund an einem Startpfosten stehe, jeder hat seinen eigenen Weg runter zu kommen, um konzentriert seinen Job zu erledigen. Ich habe sehr lange gebraucht, um den einzig nützlichen Rat zu verstehen.

„Leere deinen Kopf, wäge nichts ab, lass alles fließen und folge deinem Bauch“

Ich weiß, das ist auch wieder so ein Ratschlag, aber dafür der einzig mögliche. Beschäftigt Euch mit ihm und ihr werdet sehen, nur so geht es. Welchen Weg ihr allerdings wählt, um den Kopf zu leeren, dass kann euch keiner sagen, dass müsst ihr selbst herausfinden.  Dein Verstand muss glauben können, dass es möglich ist. An dieser Stelle ist „fast alles“ erlaubt (was hilft), nur vom Teufel Alkohol ist dringendst abzuraten. Dieser fiese, kleine Troll ist schlau, denn er meldet sich bereits einen Tag vorher und will uns am Abend ins Ohr flüstern: „Trink 2-3 Gläser Wein, dann schläfst du besser und bist morgen ausgeschlafen und ruhig“. Dieser kleine Schelm verrät aber nicht, dass diese Vorabend-Partys meist viel zu lange dauern und seine Überredungskünste oft für mehr als 3 Gläser Wein gut sind. Also, traut ihm nicht und schlagt einen anderen Weg ein  – auch wenn er protestiert.

Machst du, was du immer getan hast, bekommst du auch, was du immer bekommen hast. Willst du etwas ändern, so verlasse deinen eingefahrenen Weg. Begib dich auf neue, vielleicht auch unbequeme Wege, denn nur diese bringen dich zu neuen Zielen.  Mach einfach ganz andere Dinge.

Was mich betrifft, so bin ich am Start nun ruhig und konzentriert, was aber nicht heißen soll, dass keine Baustellen mehr vorhanden sind  -im Gegenteil. Erst jetzt ist es möglich, auch an diesen „Schlaglöchern“ zu arbeiten, doch diese Arbeit wird aufreibend, hart und lang   …wie jedes Ziel.

Da ich aber in Sachen Hütetraining einen ganzen „Baustellen-Katalog“ vor mir liegen haben,
würde ich sagen:  Frisch ans Werk, denn der PAN ist tot.